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Bebop und nur wenig mehr

Jazzband Bob Cats eröffnete neues VHS-Semester

Rheda-Wiedenbrück (WB). Eine Volkshochschule hat sich bekanntermaßen (unter anderem) die Erwachsenenbildung auf ihre Fahnen geschrieben. Und wenn denn das neue Semester (Winter 2006/2007) beginnt, warum sollte man die Eröffnungsveranstaltung nicht dazu nutzen, den Gästen neben der Unterhaltung noch ein wenig Wissen mit auf den Weg zu geben? Gesagt, getan.

So startete die VHS-Reckenberg-Ems in ihr neues Kursangebot nicht nur mit einem Jazzkonzert, sondern gleichzeitig mit einem Ausflug in die Geschichte dieses zutiefst amerikanisch geprägten Musikstils.
Die Bop Cats aus Hamburg hatten sich zu diesem Zwecke im Wiedenbrücker Stadthaus angesagt, eine der bekannteren deutschen Jazzformationen, die sich - der Name lässt es schon erahnen - vor allem dem Bebop verschrieben hat. Das beeinflusste denn auch den Blick in die Historie, denn ihre musikalischen Vorlieben wollten die vier Musiker mit Saxophonistin Carin Hammerbacher als Frontfrau und Moderatorin des Abends nicht hintan stellen.
Die Folge: Der Blick auf 100 Jahre Jazz fiel etwas bemüht aus. Ragtime fehlte ganz, obwohl im Titel des Programms erwähnt (»Von Ragtime bis Rock«), mit den Marching Bands und dem außerordentlich populären Swing, der in den 30-er und 40-er Jahren unangefochten die Hitparaden beherrschte und seit einiger Zeit eine ungeahnte Renaissance gerade unter jungen Leuten erlebt, beschäftigten sich die Bop Cats gerade mal mit einem kurz angespielten Stück; Dixieland fehlte ganz. Viel Raum nahmen dagegen spätere Stilrichtungen wie Bebop (natürlich!), Cool Jazz oder Jazzrock ein. Populäre Sänger des Jazz wurden immerhin erwähnt, mehr ließ die Besetzung (Saxophon/Klavier/Kontrabass/Schlagzeug) auch nicht zu.
So ging es denn im zweiten Teil des Abends mehr zur Sache, als die Bop Cats einen Streifzug durch ihr Repertoire unternahmen. Da ließ sich ein Großteil des Publikums nicht lange bitten, beklatschte vehement jedes Solo und verlangte zum Schluss kräftig nach Zugaben, die dann auch gegeben wurden. Allerdings ist Bebop nicht jedermanns Sache, und zumindest einige Zuhörer sahen sich in ihrem Vorurteil bestätigt, dass ein Jazzmusiker hauptsächlich darauf aus ist, sich und seinem Publikum zu beweisen, wie viele verschiedene Noten er in einer Sekunde spielen kann . . .
Zu Beginn hatte VHS-Leiter Dr. Rüdiger Krüger in seiner Begrüßung auf die schwierige finanzielle Situation der Volkshochschulen in NRW hingewiesen. Nachdem die rot-grüne Landesregierung bereits 20 Prozent der Mittel gestrichen hatte, werde die jetzige schwarz-gelbe Regierung noch einmal 20 Prozent kappen. Krüger rief dazu auf, gegen diese Pläne mit Hilfe einer Postkartenkampagne zu protestieren.
Rolf Lielischkies

Artikel vom 05.09.2006