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Skandal um Gammelfleisch
erreicht NRW

Sieben Betriebe beliefert

Düsseldorf (dpa). Der Skandal um Gammelfleisch aus einem Münchener Großhandelsbetrieb hat jetzt auch Nordrhein-Westfalen erreicht. Sieben Händler seien beliefert worden, teilte das NRW-Verbraucherschutzministerium gestern mit. Bundesagrarminister Horst Seehofer forderte die Länder zu schärferen Kontrollen auf.

Nach Angaben des Landes-Verbraucherministeriums wurden die Namen der sieben Betriebe in NRW auf einer Lieferliste gefunden, die den Warenausgang für die beiden vergangenen Monate umfasse. Aufgeführt seien Firmen in Hagen, Oberhausen, Wuppertal, Bottrop und Düsseldorf. Es handele sich dabei überwiegend um Händler. Ob die bezogene Ware tatsächlich verdorben war, müsse noch geprüft werden.
NRW-Verbraucherschutzminister Eckhard Uhlenberg (CDU) gab gestern einen Erlass heraus, in dem die Behörden in NRW aufgefordert werden, die betroffenen Firmen schnellstmöglich aufzusuchen. Es müssten gegebenenfalls Proben genommen und weitere Vertriebswege aufgedeckt werden.
In dem jüngsten Lebensmittelskandal war vor wenigen Tagen bei einem Großhändler in München tonnenweise Fleisch mit abgelaufenem Haltbarkeitsdatum gefunden worden. Darunter waren große Mengen Döner-Spieße und rund 360 Kilogramm Wild- und Geflügelfleisch. Die Haltbarkeitsdaten waren teilweise um vier Jahre überschritten. Die Abnehmer sollen im gesamten Bundesgebiet verstreut sein. Die Kühl- und Geschäftsräume des Betriebes waren versiegelt worden.
Bundesverbraucherminister Horst Seehofer (CSU) kritisierte die Landesbehörden. Er weise seit Monaten darauf hin, dass die Lebensmittelkontrollen verbesserungsbedürftig seien. Die meisten Bundesländer hätten sich einer Verschärfung der Kontrollen bislang widersetzt.
Bayerns Gesundheitsminister Werner Schnappauf (CSU) wies dies mit Hinweis auf die nach früheren Skandalen jetzt stärker risikoorientierten Kontrollen zurück und forderte zur Abschreckung höhere Strafen. Derzeit liege der Höchstrahmen für ein Bußgeld bei 20000 Euro, bei Vergehen drohe maximal ein Jahr Freiheitsstrafe. »Erst macht der Händler eine Million Gewinn, dann zahlt er 20000 Euro Bußgeld. Da ist ein Missverhältnis«, sagte Schnappauf. Er kritisierte außerdem, dass die Behörden derzeit die Namen der beteiligten Firmen nicht nennen dürften, wenn Gammelfleisch schon verbraucht sei.
Verbraucherschützer beklagten, dass auch beim jüngsten Fleischskandal nicht amtliche Kontrolleure die unhaltbaren Zustände aufgedeckt hätten, sondern die Polizei auf Grund von Zeugenhinweisen. Der Vorsitzende des Bundesverbandes der Lebensmittelkontrolleure Deutschlands, Martin Müller, forderte eine Modernisierung des Überwachungssystems. Jede einzelne Fleischpackung müsse eine Codierung erhalten, aus der Informationen über die Herkunft per Laser abgerufen werden könnten. Der Vorsitzende der Verbraucherorganisation Foodwatch, Thilo Bode, verlangte mehr Transparenz und härtere Strafen.

Artikel vom 04.09.2006