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Doping gibt es nicht nur im Sport

Experte: Problem der Gesellschaft

Augsburg (dpa). Der Einsatz von Dopingmitteln ist nach Expertenmeinung nicht auf den Leistungssport beschränkt. »Zwei Drittel der Bundesbürger kommen keine drei Monate ohne Schlafmittel, Kopfschmerztabletten, Vitamine, Beruhigungsmittel oder Glückspillen aus«, sagt der Augsburger Sportarzt Peter Konopka.
Sportarzt mit Olympia-Erfahrung: Peter Konopka.
In der Fitnessszene würden unkontrolliert Anabolika genommen, beim Anti-Aging Wachstumshormone gespritzt. »Keiner berücksichtigt die Gefahren von Thrombosen oder Schlaganfällen.«
»Die Leute wollen sich wohl fühlen und denken wie die Sportler nicht an morgen«, sagt Konopka, der schon 1972 bei den Olympischen Spielen in München Dopingkontrollen bei Sportlern vornahm. »Der gestresste Manager greift zur Tablette. Ihn interessiert nicht, ob da Codein drin ist. Der Sportler, der die gleiche Pille nimmt, ist gedopt.«
Der Griff zu Dopingmitteln sei seit alters her Bestandteil der Gesellschaften, um Euphorie zu erzeugen, sagte Konopka. Befürworter eines »sauberen Sports« würden privat oft selbst entsprechende Mittel nehmen.
»Die Jugendlichen, die in der Disco ÝRed BullÜ trinken, dopen sich«, sagt Konopka. Deshalb müsse der Doping-Begriff sehr differenziert gesehen werden. »Grundsätzlich gibt es bei der Einnahme dieser Mittel kein Schuldgefühl«, sagte der Mediziner. Das belege die große Anzahl tablettenabhängiger Führungskräfte. Auch die Einnahme von Viagra zur Potenzsteigerung oder die Verabreichung von Konzentrations-Tabletten an Kinder müsse man zu dem »gesellschaftlichen Doping« zählen.
»Der Sport wird nur dann von Doping sauber sein, wenn die Gesellschaft ihr eigenes Verhalten überdenkt«, sagt Konopka. »Bei der Suche nach Lustgewinn und Euphorie setzt der Verstand aus.« So habe ein Kraftsportler im Studio einen Riss am Brustmuskel erlitten, weil er mit Anabolika aus Rumänien voll gepumpt war, erläutert Konopka Vorkommnisse in der Fitnessszene. »Leider ist es in Deutschland leicht, an diese Doping-Mittel zu kommen.« Seite 2: Kommentar

Artikel vom 04.09.2006