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Sprungbrett für Peking 2008

Sylt oder Gardasee: Surfer Oliver-Tom Schliemann hat die Qual der Wahl

Bielefeld (WB). Seine Wurzeln sind in Bielefeld zu finden: Weltklassesurfer Oliver-Tom Schliemann ist gleich zu zwei Weltmeisterschaften gleichzeitig eingeladen. Für den Brücker bedeutet das: Wettkampfstress und Materialchaos.

Am Samstag traf die Zulassung zum World Cup 2006 auf Sylt ein. Damit hat Oliver-Tom Schliemann ein Terminproblem. Oder besser: die Qual der Wahl. Vom 20. bis 30. September soll er für die deutsche Nationalmannschaft in der olympischen Klasse RS.X in Italien auf dem Gardasee antreten. Vom 23. September bis zum 4. Oktober steht der World Cup Grand Slam auf Sylt an. Bei beiden Weltmeisterschaften ist er der Jüngste.
Wer nun glaubt, die Entscheidung müsse doch klar Richtung Italien zur Nationalmannschaft gehen, der kennt die Voraussetzungen des deutschen Segler Verbandes oder des Brandenburger Seglerverbands nicht. Nicht nur, dass es bis jetzt nicht die geringste Unterstützung für Schliemann gibt. Der deutsche Generalimporteur des WM Materials teilte dem Seglerverband auch noch mit, dass er zur Weltmeisterschaft keinerlei Ersatzteile mehr liefern könne. Er ist laut E-Mail Mitteilung »lieferunfähig« - und dies drei Wochen vor einer Weltmeisterschaft als einziger und mit Exklusivrechten ausgestatteter Versorger.
Somit muss notgedrungen das alte Material wie Schliemanns in Travemünde gerissenes Regattasegel bestmöglich repariert und wettkampffähig gemacht werden. Auch der Gabelbaum und der Schwertkasten müssen überholt werden. In dieser Woche sollen Trainingseinheiten im Windsurfclub Werder das Material testen. Denn sollte es hier zu Bruch kommen, ohne dass Aussicht auf Ersatzbeschaffung besteht, kann OTS - so wird der Youngster in der Szene gerufen - die Anreise nach Italien ohnehin sparen.
Im »Wimbledon« des Weltsurfsport auf Sylt hingegen ist die Materialfrage weitaus einfacher. Das Material ist frei wählbar, im Slalom 42 - für diese Disziplin ist Oliver-Tom Schliemann im World Cup zugelassen worden - dürfen vier Segel und zwei Boards eingesetzt werden. Und da der vierfache Junioren-Weltmeister hier Teammitglied vom 35-fachen Weltmeister Björn Dunkerbeck und dessen Baordfirma T1 ist, dürften alle Materialprobleme lösbar sein.
Zudem ist die PR-Wirkung durch die zeitweise direkte Übertragung des Wettbewerbs auf Pro 7 und die weltweite Übertragung durch High TV nicht zu unterschätzen. 600 bis 800 Millionen Internet- und Fernsehzuschauer werden den Wettkampf auf Sylt verfolgen; die Medienpräsenz ist gigantisch.
Auf der anderen Seite gibt es für OTS zu bedenken, dass ihm die WM in Italien möglicherweise den Weg zur Olympiade 2008 in Peking ebndet, Sylt den Weg zur Karriere als Professional.
Es könnte einen Mittelweg geben: Erst nach Italien, dann am 30. September über Nacht nach Sylt anreisen und ab Sonntag, 1. Oktober, noch für vier Tage in die dortigen Wettkämpfe eingreifen. Die Hoffnung: Sollte es auf Sylt in den ersten Tagen massiven Wind geben, wären zunächst die anderen Disziplinen an der Reihe und Slalom käme später. Schliemann wäre genau zu den vier Haupttagen dort, wenn 100 000 und mehr Zuschauer erwartet werden.

Artikel vom 05.09.2006