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Ex-Polizist sitzt
im Gefängnis

280 Adria-Urlauber betrogen?

Von Christian Althoff
Löhne (WB). Beamte der Kripo Herford haben einen früheren Berufskollegen festgenommen. Der ehemalige Kriminaloberkommissar aus Löhne steht unter Betrugsverdacht und sitzt seit vergangener Woche in Untersuchungshaft.

Nach einem zehn Jahre dauernden Rechtsstreit war Oberkommissar Wolfgang K. (50) im Jahr 2004 aus dem Polizeidienst entlassen worden. Er verdiente anschließend seinen Lebensunterhalt mit einem auf Kroatien spezialisierten Reisebüro, das er im Keller seines Hauses betrieb. In den vergangenen Monaten soll Wolfgang K. allerdings vermehrt von Urlaubern den Reisepreis kassiert haben, ohne Buchungen in Kroatien vorzunehmen. »Die Touristen kamen da unten an und mussten feststellen, dass überhaupt keine Zimmer für sie reserviert waren«, sagt Oberstaatsanwalt Reinhard Baumgart.
Bis Freitag standen auf der Liste der Ermittler bereits 280 Geschädigte, darunter mehrere Reisegruppen. Der Gesamtschaden hat sich vorläufig auf 137 000 Euro summiert. Obwohl Wolfgang K. wusste, dass in dieser Sache gegen ihn ermittelt wird, soll er weitere Urlauber geschädigt haben. Aus diesem Grund hatte die Staatsanwaltschaft einen Haftbefehl gegen ihn erwirkt.
»Dass Wolfgang jetzt im Gefängnis sitzt, tut hier keinem leid«, sagte am Freitag ein Kriminalbeamter aus Minden. In der dortigen Dienststelle hatte Wolfgang K. gearbeitet, als er 1993 zum ersten Mal in Verdacht geraten war, in illegale Autogeschäfte verwickelt zu sein. Insgesamt hatte die Kripo dem Oberkommissar damals 20 Straftaten zur Last gelegt, die sich aber nicht mit letzter Sicherheit beweisen ließen. Deshalb hatte die Staatsanwaltschaft Bielefeld 1997 alle Ermittlungsverfahren eingestellt.
Der Kreisverwaltung reichten jedoch Zeugenaussagen und Beweise, um massive Verstöße gegen das Dienstrecht festzustellen. Die Verwaltung musste allerdings bis zum Oberverwaltungsgericht Münster gehen, um den Beamten loszuwerden. Bis zu seiner Entlassung im Jahr 2004 war Wolfgang K. zehn Jahre lang vom Dienst suspendiert - bei vollen Bezügen von insgesamt etwa 300 000 Euro netto. Dass sich das Verfahren ein Jahrzehnt hinziehen konnte, lag auch daran, dass das Disziplinarrecht vorschreibt, dass ein Beschuldigter im Prozess anwesend sein muss. »Und da versucht eben mancher, das Verfahren mit ärztlichen Attesten in die Länge zu ziehen, um möglichst lange sein Gehalt zu bekommen«, sagt ein Richter.

Artikel vom 02.09.2006