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Raub: Chirurg rettet Finger

Verkäuferin geht es nach Messerangriff besser - Dauerschäden

Von Christian Althoff
Bünde(WB). Die Verkäuferin aus Rödinghausen (Kreis Herford), die Montag von einem Räuber mit einem Messer verletzt worden war (wir berichteten), ist auf dem Weg der Besserung. »Ich habe noch einmal Glück gehabt«, sagt Elena M.

Die dreifache Mutter ist eine resolute Frau. »Ich arbeite seit acht Jahren als Verkäuferin und habe schon so manchen Ladendieb gefasst«, erzählt die 48-Jährige. Aber als am Montag plötzlich der Räuber hinter ihr stand, sei ihr doch ganz anders geworden, erinnert sie sich. Elena M. glaubte, alleine in der »Schlecker«-Filiale in Rödinghausen-Bruchmühlen zu sein, als sie kurz nach 15 Uhr die Bestellungen auflistete. »Plötzlich stieß mich jemand von hinten in Richtung Kasse und sagte: Mach' Kasse auf, mach' Kasse auf!« Sie habe ein Messer am Hals gespürt und über die linke Schulter geschaut. »Der Mann war kleiner als ich und hatte eine Kapuze über dem Kopf. Seine Augen waren so dunkel - die werde ich nie vergessen. . .«
Sie habe sich in Richtung Kasse gewendet, um dem Mann das Geld auszuhändigen. »Was dann passiert ist - ich kann mich nicht erinnern«, sagt die Patientin kopfschüttelnd. Überall sei plötzlich Blut gewesen, obwohl sie keine Schmerzen verspürt habe. Der Räuber habe nicht mehr auf das Öffnen der Kasse gewartet, sondern sei ohne Beute wortlos und ruhig aus dem Laden gegangen.
Elena M. verfolgte den Mann. »Aber dann sah ich, dass mein kleiner Finger fast abgeschnitten war.« Die blutende Frau lief in einen benachbarten Getränkemarkt, dessen Besitzer Notarzt und Polizei alarmierte.
Dr. Bernd-Wolfgang Bär, Handchirurg im Lukas-Krankenhaus Bünde: »Das Messer hatte an Fingern der linken Hand Nerven, Sehnen, Blutgefäße und das Mittelgelenk des kleinen Fingers durchtrennt.« Annähernd drei Stunden operierte der Spezialist mit einer Lupenbrille, um die Funktion der Finger zu retten. »Wir konnten die Nerven annähen, aber die Verletzungen waren so schwer, dass die Frau kein Fingerspitzengefühl mehr haben wird.« Ein Schnitt am Hals habe sich dagegen glücklicherweise nur als oberflächliche Verletzung herausgestellt, sagt Elena M: »Einen Zentimeter weiter rechts, und das Messer hätte die Halsschlagader getroffen.«
Laut Kassenjournal hatte Elena M. um 14.58 Uhr den letzten Kunden bedient. »Er müsste den Räuber im Laden gesehen haben, denn nach diesem Kunden ist niemand mehr hereingekommen.« Wer ihr letzter Kunde war, ob Mann oder Frau - Elena M. hat keine Erinnerung mehr. »Ich hoffe, dass sich derjenige noch bei der Polizei meldet.«
An ihrem Krankenbett hat die Verkäuferin inzwischen viele Verwandte und Kolleginnen empfangen. Auch ein Verkaufsleiter der Drogeriemarktkette ist mit Blumen erschienen und hat der Patientin versprochen, ihr einen Psychotherapeuten zu besorgen. »Die glauben, dass ich sonst nur noch mit Angst zur Arbeit gehen werde«, sagt Elena M. und erzählt, sie habe tatsächlich ständig die Bilder des Überfalls vor Augen.
Wie lange die Verkäuferin noch im Krankenhaus bleiben muss, ist ungewiss. »Auf jeden Fall wird es noch mindestens drei Monate dauern, bis sie ihre linke Hand wieder benutzen kann«, befürchtet Handchirurg Dr. Bär.

Artikel vom 01.09.2006