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Von Michael Schläger

Bielefelder
Optik

Die Wissensfabrik


Johannes Delius von der Bürgergemeinschaft berichtete am Donnerstag im Rat während der Debatte über den neuen Hochschulcampus von seinen Internetrecherchen zum Begriff »Begrüßungsbeschluss«. Der tauche in den einschlägigen Suchmaschinen fast ausschließlich im Zusammenhang mit Bielefeld auf. Es scheint also eine Besonderheit zu sein, dass Bielefelds Politiker gern etwas »begrüßen«. Manchmal hat man allerdings den Eindruck, dass sie es anschließend an der praktischen Umsetzung fehlen lassen.
Insoweit darf man gespannt sein, was aus dem jüngsten »Begrüßungsbeschluss« zum Entwicklungskonzept von Universität und Fachhochschule werden wird. Dafür muss die Politik Planungsrecht schaffen, und das möglichst schnell.
Aber in Gestalt der Grünen sind bereits die ersten Bedenkenträger erschienen. Sie beklagen den enormen Landschaftsverbrauch, den ein neuer Campus verursachen würde, und sie verweisen auf die Bewohner von Hof Hallau, die dort gerade erst ihr Häuschen errichtet hätten und denen nun neue Gebäudekomplexe vor die Nase gesetzt werden sollten.
Die Grünen vergessen, dass die Fläche bereits vor Jahrzehnten vom Land erworben worden war und dass dies auch den Hof-Hallau-Bewohnern bekannt gewesen sein müsste, als sie zum Hausbau schritten. Und wo, wenn nicht dort, in unmittelbarer Nachbarschaft zur Universität, sollte ein solches Vorhaben umgesetzt werden?
Erst in der vergangenen Woche hatten die Politiker über neue Konzepte der Wirtschaftsförderung debattiert. Das war Theorie. Jetzt kommt die Praxis. Nichts anderes als praktische und zukunftsträchtige Wirtschaftsförderung wäre es, wenn die Pläne der Hochschule möglichst zügig umgesetzt werden könnten. Baufirmen würden von Aufträgen in dreistelliger Millionenhöhe profitieren. Über die Hochschuleinrichtungen könnten mehr junge Menschen an die Stadt, die sich auch den Folgen zunehmender Überalterung stellen muss, gebunden werden. Es wäre Platz für Firmen, die von der Nähe zu den Hochschulen profitieren könnten. Eine Wissensfabrik für die Wissensgesellschaft, in die sich das Land verwandeln soll, könnte entstehen. All das, da hat Delius Recht, ist den Politikern bekannt. Da müsste es selbstverständlich sein, mit der Arbeit sofort zu beginnen. Aber die Politiker begrüßen lieber erst einmal. Hoffentlich bleibt es diesmal nicht dabei.

Artikel vom 02.09.2006