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Erster Schritt
auf einem
langen Weg

Podolski durchdringt das Gestrüpp

Von Friedrich-Wilhelm Kröger
Stuttgart (WB). Manchmal sind es die banalen Dinge, auf die es ankommt. Das ist beim Fußball nicht anders. Die deutsche Nationalmannschaft erzielte zum Auftakt der EM-Qualifikation ein Tor, Irland ging leer aus. 1:0 ist auch gewonnen.

In diesem Fall könnte man sagen: Steter Tropfen höhlt den Stein. Oder, wie es Joachim Löw ausdrückte: »Manchmal gibt auch eine schwere Geburt ein schönes Kind.« Am Ende der beschwerlichen Partie von Stuttgart durfte der Bundestrainer dann in aller Ruhe behaupten, zusammen mit seinen Spielern Recht behalten zu haben. »Wir haben gewusst, irgendwann fällt ein Tor«, sagte Löw. Und das ganz große Zittern blieb tatsächlich aus, obwohl der 46 Jahre alte Fußball-Lehrer seine Mannschaft darauf eingestellt hatte, es könne ihr vielleicht ähnlich ergehen wie im WM-Vorrundenspiel gegen Polen in Dortmund.
Da benötigte Deutschland bis in die Nachspielzeit für den einen entscheidenden Moment. Im Gottlieb Daimler-Stadion beeilte sie sich geradezu. In der 57. Minute ließ der Münchner Lukas Podolski einen Freistoß los, der sich im grünen Gestrüpp verfing, seine Flugbahn änderte und auf Umwegen unaufhaltsam ins Netz rollte. Deutschland 1, Irland 0. Drei Punkte, danke schön. Das muss auch mal reichen. Einen höheren Sieg verhinderte die Gemeinschaft aus Given und Gestänge, das erst von Miroslav Klose und kurz vor dem Abpfiff auch noch von Bastian Schweinsteiger einem Haltbarkeitstest unterzogen wurde.
Mit einer Verzweiflungstat versuchten die wackeren Iren noch einen Punkt zu ergattern. Der seinen Arbeitsplatz fluchtartig verlassende Given näherte sich bedrohlich dem deutschen Strafraum, ehe das undankbare Spiel endlich überstanden war. Immerhin wurde Löw bei seinem ersten Pflichtspiel-Einsatz als verantwortlicher Bank-Mann nicht die ultimative Nervenprobe abverlangt, weil er sah, wie sehr sich seine Elf darum bemühte, wieder ihre WM-Stärken in die Waagschale zu werfen. »Ich habe Vertrauen in diese Mannschaft«, sagte der Bundestrainer, »es gab für mich überhaupt keinen Grund, besonders aufgeregt zu sein.«
Es ist nicht zu erwarten, dass sich dies am Mittwoch in San Marino grundlegend ändert. Dem gewünschten Sechs-Punkte-Start in die EM-Qualifikation sollte nicht ernsthaft etwas im Wege stehen. »Das ist ein schönes Spiel für Stürmer. Da können wir etwas für das Torverhältnis tun«, erwartet Team-Manager Oliver Bierhoff ein deutliches Resultat. Von den Spielern wird der Ball allerdings flacher gehalten. So würde sich Schweinsteiger an abermaliger Tor-Bescheidenheit nicht stören und den knappsten aller Siege hinnehmen: »Wenn wir da auch 1:0 gewinnen, bin ich zufrieden.«
Fußballerischer Zwergenwuchs hat den Deutschen, und vielen anderen auch, schließlich schon oft genug größte Schwierigkeiten bereitet. Malta, Zypern, Albanien, Faröer, und eben auch San Marino - »da kannst du nichts gewinnen«, weiß Michael Ballack und bezeichnete die Qualifikationsrunde als »langen, harten Weg.« Vielleicht dachte er dabei auch an sich selbst. Ballack ist nach Urlaub und Verletzungsstress beim FC Chelsea noch lange nicht da, wo er hin will. Am Kapitän rollte das Geschehen fast komplett vorbei.
Der erste Schritt seiner Mannschaft führte in Stuttgart trotzdem in die richtige Richtung. Das bei der WM erworbene Selbstvertrauen erwies sich als nützlich, die flotte Spielidee ist erhalten geblieben und das Tempo weiter hoch. »Ein klar verdienter Sieg«, sagte Löw. Auch wenn es knapp war.

Artikel vom 04.09.2006