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Altmeister des arabischen Romans

Der ägyptische Nobelpreisträger Nagib Mahfus ist in Kairo gestorben

Mann mit großer Brille: Nobelpreisträger Nagib Mahfus.Foto: dpa

Kairo (dpa). Die arabische Welt hat einen ihrer bedeutendsten Intellektuellen verloren. Gestern ist der ägyptische Literatur-Nobelpreisträger Nagib Mahfus im Alter von 94 Jahren in einem Kairoer Krankenhaus gestorben. Als erster und bislang einziger Araber hatte Mahfus, der als Altmeister des arabischen Romans galt, 1988 den Nobelpreis erhalten. Er wird bereits heute in Kairo beigesetzt.
Ägyptens Präsident Husni Mubarak lobte den Verstorbenen als großen Literaten, der immer für Toleranz geworben habe. Die Arabische Liga erklärte, Mahfus sei »die Nummer eins unter den arabischen Romanautoren« gewesen. Der Münchner Schriftsteller Tilman Spengler bezeichnete Mahfus als politisches Vorbild. Der Ägypter habe auf der eigenen Kultur bestanden, ohne andere Kulturen schlecht zu machen. »Für die Ägypter ist sein Tod ein Verlust wie ƒmile Zola für die Franzosen.«
Bekannt wurde der Schriftsteller besonders durch seine Romane, die dem sozialen Realismus zuzurechnen sind.
Sein umstrittenstes Werk war der Roman »Die Kinder unseres Viertels« von 1959. Das Werk über Glauben und falsche Heilslehren wurde nicht nur auf den Index gesetzt. Islamistische Kritiker stuften den Roman als blasphemisch ein. 1994 stach ein religiöser Fanatiker Mahfus nieder, der selbst ein liberaler und toleranter Muslim war. Unter den gesundheitlichen Folgen dieser Messerattacke litt der Schriftsteller sehr.
Der Unionsverlag in Zürich, bei dem zahlreiche Werke Mahfus' auf Deutsch erschienen sind, will weitere Werke von ihm veröffentlichen. »Wir machen weiter, es gibt noch viel zu übersetzen«, sagte Verlagsleiter Lucien Leitess.

Artikel vom 31.08.2006