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Marine mit robustem Mandat

Merkel legt mit libanesischem Regierungschef Grundlagen für UN-Einsatz

Berlin (dpa). Der libanesische Ministerpräsident Fuad Siniora und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) haben die Grundlagen für eine Beteiligung der Bundeswehr am UN-Einsatz im Libanon gelegt.

Eine konkrete Entscheidung des Bundeskabinetts wird Anfang der kommenden Woche erwartet. Der syrische Außenminister Walid al- Muallem nahm in einem Telefonat mit Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) den Gesprächsfaden wieder auf. Dieser war vor zwei Wochen mit Steinmeiers Absage eines Besuchs in Syrien gerissen.
Nach Merkels Telefonat mit Siniora teilte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm gestern in Berlin mit, in Kürze erfolge aus dem Libanon die förmliche Anfrage an die UN zur Entsendung eines Marineverbandes für den Schutz der Territorialgewässer. Dies könne auch erst zum Wochendende geschehen, hieß es ergänzend.
Anschließend will die Bundesregierung rasch die Voraussetzungen für den deutschen Libanon-Einsatz schaffen. Zunächst sollen die Fraktionschefs informiert werden. Danach gibt es eine Sondersitzung des Kabinetts, anschließend entscheidet der Bundestag über die Entsendung deutscher Marine-Einheiten ins Mittelmeer. Deutschland soll die Führung des UN-Verbandes übernehmen.
Laut Wilhelm wurde in dem Gespräch Merkels mit Siniora klargestellt, dass die UN-Seeverbände im Mittelmeer ein »robustes Mandat mit Betretungsrecht für fremde Schiffe« haben und im Rahmen der UN-Friedenstruppe UNIFIL operieren werden. Beide Voraussetzungen sind ausdrückliche Forderungen der Bundesregierung.
Nach Wilhelms Angaben arbeitet die Bundesregierung auch an einem umfassenden Unterstützungspaket für den Libanon. Daneben laufen umfangreiche humanitäre Hilfen. Das Technische Hilfswerk (THW) hat bereits 19 Kräfte in Tyrus und Nabatia im Einsatz.
Steinmeiers Telefonat mit dessen syrischem Amtskollegen Walid al-Muallem kam auf dortige Initiative zu Stande. Es gebe weiterhin keine Planung für einen Besuch Steinmeiers in Syrien, betonte ein Sprecher in Berlin. Das Interesse an einer Einbeziehung Syriens an einer Lösung der Libanon-Krise sei aber nach wie vor groß.
Steinmeier hatte seine Absage mit der Rede des syrischen Staatspräsidenten Baschar al-Assad begründet, der von einem »siegreichen Widerstand« der Hisbollah gesprochen und Israel als Feind bezeichnet hatte, der vom Friedensprozess ausgeschlossen sei.
Unterdessen vertiefte sich das Zerwürfnis zwischen dem Zentralrat der Juden und Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD), die eine UN-Untersuchung zum angeblichen Einsatz von Streubomben durch die israelische Armee im Libanon gefordert hatte. Vizepräsident Salomon Korn sagte: »Die Forderung nach dieser UN-Untersuchung zeigt einmal mehr, dass die Ministerin in Bezug auf Israel reflexhaft reagiert.«
Wieczorek-Zeul hatte ihre Forderung nach ihrer Libanon-Reise erhoben. Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach von einer eigenen Position der Ministerin, die sie sich »jetzt« nicht zu Eigen mache. SPD-Fraktionschef Peter Struck verteidigte die Ministerin.
Die israelische Regierung hat die Forderung von UN-Generalsekretär Kofi Annan nach einem schnellen Ende der See- und Luftblockade Libanons gestern abgelehnt. Ministerpräsident Ehud Olmert machte in Gesprächen mit Annan eine Umsetzung der UN- Resolution 1701 zur Bedingung für ein Ende der Blockade.
Uneinigkeit gab es israelischen Medienberichten zufolge in der Frage einer Stationierung der UN-Friedenstruppe an der libanesischen Grenze zu Syrien. Olmert bekräftigte, dies sei nötig, um Waffentransporte aus Syrien an Hisbollah-Miliz im Libanon zu verhindern. Israel verlange deswegen auch eine internationale Truppenpräsenz auf libanesischen Flug- und Seehäfen.

Artikel vom 31.08.2006