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Jede zweite Döner-Probe
fällt bei Kontrollen durch

Imbissbuden machen fast zwei Milliarden Euro Umsatz

Von Dietmar Kemper
Bad Salzuflen (WB). Jede zweite Döner-Probe wird von der Lebensmittelüberwachung beanstandet. Entweder liegt der Hackfleischanteil über 60 Prozent oder es werden pflanzliche Streckungsmittel und Wasser beigemischt, sagte gestern Goetz Hildebrandt in Bad Salzuflen.

Der Leiter des Instituts für Lebensmittelhygiene der Freien Universität Berlin beaufsichtigte den Döner-Test der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG). An den 12 000 Buden in Deutschland werden mittlerweile mehr Döner verputzt als Bratwürste und Hamburger. Mit fast zwei Milliarden Euro setzen die türkischen Imbissbetreiber mehr um als McDonald's und Burger King zusammen. 400 Großlieferanten, darunter »Euro-Kebap« aus Versmold (3000 Spieße pro Woche), versorgen die Buden mit vorgefertigten Spießen.
Von einem Tellergericht in der türkischen Heimat sei der Döner hierzulande zum Fastfood-Massenprodukt geworden, sagte Goetz Hildebrandt: »Eine exotische Spezialität entwickelte in Deutschland ein Eigenleben, blieb aber in türkischer Hand.« Döner Kebap heißt übersetzt »drehendes, gebratenes Fleisch«. Es stammt vom Schaf, Kalb- oder Rind, beim Gyros handelt es sich um die griechische Variante aus Schweinefleisch. In den letzten Jahren hat Döner aus Pute oder Huhn an Bedeutung gewonnen.
Weil in der Branche ein »ruinöser Verdrängungswettbewerb« herrsche, stießen die Lebensmittelkontrolleure immer wieder auf Verstöße gegen die »Berliner Verkehrsauffassung«, erläuterte Hildebrandt. Türkische Kaufleute und die Lebensmittelüberwachung in der heutigen Hauptstadt hätten Mitte der 80er Jahre festgelegt, dass ein Döner höchstens 60 Prozent Hackfleisch enthalten darf. Die restlichen 40 Prozent müssen aus Fleischscheiben bestehen, außerdem ist nur ein Fettanteil von 20 Prozent zulässig. Gegen die Vorgaben und damit den »Täuschungsschutz« werde oft verstoßen, beklagte Hildebrandt. Bestehe ein Döner ausschließlich aus Hackfleisch oder enthalte er Stärke oder Fremdwasser, müsse das Produkt umbenannt werden, zum Beispiel in »Hackfleischspieß dönerartig gewürzt«.
Um keine Magen- und Darmbeschwerden zu bekommen, rät der Experte den Kunden darauf zu achten, dass vom Spieß keine zu dicken und vor allem keine rosafarbenen, halbgaren oder rohen Stücke abgesäbelt werden. Der Grund: Während die äußere Schicht ausreichend erhitzt wird, betragen die Temperaturen im Inneren 30 bis 40 Grad und begünstigen das Wachstum von Keimen. In der Messehalle 20 in Bad Salzuflen bereitet das 44-köpfige Küchenpersonal an vier Spießen und 22 Elektroherden nicht nur Döner für die 300 Tester vor. Insgesamt bewerben sich 240 Hersteller mit 2600 Tiefkühlprodukten und 400 Fertiggerichten um die Gold-, Silber- und Bronzemedaillen der DLG. Die Ergebnisse der sensorischen Untersuchung werden später durch Laboranalysen ergänzt.
»Der Handel sieht eine Auszeichnung mittlerweile als Voraussetzung an, um das Produkt überhaupt aufzunehmen«, sagte DLG-Sprecherin Regina Hübner. Noch bis Morgen bewerten die 300 Sachverständigen die Beschaffenheit im gefrorenen und im zubereiteten Zustand, das Aussehen und die Farbe sowie Konsistenz, Geruch und Geschmack. Die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft führt den Qualitätswettbewerb einmal jährlich durch. Mittlerweile stamme jedes sechste Produkt aus dem Ausland, berichtete Hübner.

Artikel vom 30.08.2006