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Salatblatt contra Riesenpizza

»Fettes Schwein«: Saisonauftakt mit einer gar nicht so lustigen Komödie


Von Burgit Hörttrich
Bielefeld (WB). »Ich habe ein gutes Gefühl,« sagt Katja Marie Luxembourg. Ein gutes Gefühl bei den Proben für die erste Theaterpremiere der neuen Spielzeit. Am 9. September ist im Theater am Alten Markt (TAM) zum Saisonauftakt die Tragikomödie »Fettes Schwein« von Neil LaBute zu sehen, und Katja Marie Luxembourg spielt Helen, die - auch, wenn sich das »voll daneben« anhört - Titelrolle.
Helen ist nämlich dick, sehr dick. Aber Helen ist eine starke, selbstbewusste Frau. Sie ist einsam, sucht den Mann fürs Leben. In der Kantine trifft sie Tom (Thomas Wehling). Der ist von der ungewöhnlichen Frau fasziniert, seine Umwelt aber, seine Freunde sind entsetzt. Die Liebe zwischen Helen und Tom funktioniert als kleine Welt unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Tom aber kann den Druck, die Isolation nicht aushalten, trennt sich von Helen, die doch bereit wäre, alles für ihn zu tun . . . Aber: Der Body-Mass-Index ist für Tom als Erfolgsindex wichtiger als die Liebe. Dabei wäre er doch gern ein besserer Mensch. Außerdem: Kann man Salat essen, wenn das Gegenüber gerade drei Pizzen verdrückt?
Katja Marie Luxembourg, in Köln geboren und aufgewachsen, in Berlin zur Schauspielschule »Ernst Busch« gegangen und dort heimisch geworden, urteilt über Helen: »Sie geht mit ihren Pfunden gut um, macht Witze darüber, steht dazu - schließlich ist sie von Kindesbeinen an daran gewöhnt, gehänselt zu werden, weil sie dick ist.«
Katja Marie Luxembourg hatte mit derselben Rolle im Frühjahr in Dresden Premiere, sprach dann auf Empfehlung in Bielefeld vor und wurde für das Stück engagiert. Sie mag die Arbeitsatmosphäre in Bielefeld, freut sich auf die Premiere: »Klar kenne ich Lampenfieber - das ist für mich eine positive Aufregung.«
Sie identifiziere sich mit Helen, schaffe aber gleichzeitig auch eine innere Distanz: »Anders kann man nicht spielen.« Sie sieht Helen aber nicht als Opfer, ist überzeugt, dass es Frauen gibt, die einen vermeintlichen körperlichen Fehler immer vorschieben, um eine Entschuldigung für alles und jedes zu haben - auch dafür, wenn eine Beziehung scheitert. Autor Neil LaBute zeige Grenzen der menschlichen Identität auf, zeige Situationen, in denen der Mensch nicht mehr weiter wisse. Die Bielefelder Inszenierung unterscheide sich erheblich von der in Dresden: »Hier komme ich richtig ins Spielen - ein großartiger Spaß.« Dem Publikum verspricht sie ein unterhaltsames, mitunter komisches Stück, das allerdings »nicht lustig zu Ende« gehe.« Matinee im TAM von »Fettes Schwein« ist Sonntag, 3. September, 11.15 Uhr, die Premiere am 9. September, 19.30 Uhr.

Artikel vom 29.08.2006