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Nicht einig mit dem Kreissynodalvorstand: Hans Fuhrmann, Gemeindepfarrer in Schröttinghausen.

Gemeinden wollen
ihre Kirchen behalten

Dornberger »Nachbarschaft« lehnt Spar-Leitlinien ab

Von Gerhard Hülsegge
(Text und Foto)
Dornberg (WB). Die Sparmaßnahmen des Evangelischen Kirchenkreises Bielefeld stoßen an der Basis auf erheblichen Widerstand. So haben Vertreter der Gemeinden Kirchdornberg, Babenhausen, Hoberge und Schröttinghausen die von der Synode im Juni verabschiedeten »Leitlinien« künftigen Handelns jetzt strikt abgelehnt.

»Wir können uns nicht vorstellen, noch mehr Personal zu entlassen oder drei unserer vier Kirchen zu schließen«, so Hans Fuhrmann, Gemeindepfarrer in Schröttinghausen. Zuerst solle sich der Kirchenkreis selbst kleiner setzen, das »Haus der Kirche« reduzieren und Stellen abbauen, erklärte der Seelsorger auf Anfrage. Es sei nicht gerecht, wenn sich der Kirchenkreis nicht an Einschnitten beteiligen wolle.
Das war nach WESTFALEN-BLATT-Informationen auch Tenor der nichtöffentlichen Versammlung vergangenen Donnerstag im Gemeindehaus in Babenhausen. Pfarrer und Presbyter aus den vier Gemeinden sollten in einer moderierten Veranstaltung dem Kreissynodalvorstand (KSV) Vorschläge zur Kostenreduzierung unterbreiten. Sie bilden laut Synodenbeschluss schon eine der elf Nachbarschaften, deren gemeindliches Leben fortan »räumlich konzentriert« stattfinden soll.
Noch weigerte man sich zwar, bei der »Hinrichtungssitzung« (Originalton Fuhrmann) exakt zu sagen, ob man denn auf die Peterskirche in Kirchdornberg, die Andreaskirche (mit Gemeindehaus) in Babenhausen, die Markuskirche in Hoberge oder die Arche Noah-Kirche in Schröttinghausen verzichten wolle. Dass seine Kirche überlebt, glaubt Fuhrmann allerdings immer weniger. Schließlich geht der 63-Jährige in zwei Jahren in Pension. Und einen Nachfolger wird es wohl nicht geben. Die Küsterin befindet sich bereits im Vorruhe-, der Leiter des Kirchenchores seit einer Woche im Ruhestand, der Organist spielt auch schon in Babenhausen. »Somit sind wir am kostengünstigsten«, trägt Pastor Fuhrmann es fast mit Galgenhumor.
Bliebe am Ende nur die Peterskirche übrig, dürfte sie nicht ausreichen, um den 7600 Gemeindegliedern (2300 in Kirchdornberg, jeweils 1900 in Babenhausen und Hoberge sowie 1500 in Schröttinghausen) eine neue, einzige Herberge zu geben. Dafür steht sie unter Denkmalschutz. Die Hoberger verfügen dagegen auch über erhebliche Eigenmittel, die verständlicherweise in der Gemeinde bleiben sollen.
»Gezielte und kreative Liegenschaftsverwertung« nennt die Synode das, was angesichts knapper Kassen Not tut. Laut Fuhrmann könnte dies die Schließung von mehr als 20 der noch vorhandenen 36 Gotteshäuser stadtweit bedeuten. Geplant sei, Dreiviertel der noch vorhandenen Kirchen und Gemeindehäuser zu schließen. Der KSV, so empfinden es Presbyter und Pastöre, will jetzt den Druck erhöhen.
Sein ehrgeiziges Ziel: die Umsetzung weiterer Konsolidierungsmaßnahmen in einer Größenordnung von rund 30 Millionen Euro im Jahr 2008.
Konkrete Eckdaten und Vorgaben werden noch bis zum Herbst diesen Jahres erwartet. Der Kreissynodalvorstand tagt im November. Das Gesamt-Sparpaket wird dann endgültig am 16. März 2007 geschnürt.
Der Evangelische Kirchenkreis Bielefeld hat sich von 1969 bis 2005 von 189000 auf 113300 Gemeindeglieder dezimiert. Bis zum Jahr 2015 wird ein weiterer Rückgang der Zahlen um 20000 auf dann nur noch 95000 prognostiziert. Wie viele Kirchen es dann noch in Bielefeld geben wird, darüber wird zurzeit nicht nur im »Kirchspiel« Dornberg heftig diskutiert.

Artikel vom 30.08.2006