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Entführung
lange geplant

Mutter des Täters sah Natascha

Wien (dpa). Der Entführer der heute 18-jährigen Natascha Kampusch aus Wien hat seine Tat über Monate hinweg penibel vorbereitet. Darauf deuten mehr und mehr Details hin, die im Zuge der Ermittlungen ans Licht kommen, berichteten österreichische Medien.

Der jungen Frau war am Mittwoch nach acht Jahren Gefangenschaft in einem Verlies die Flucht gelungen. Der Täter Wolfgang Priklopil, der wenige Stunden nach der Flucht Selbstmord beging, war der Polizei zuvor nicht aufgefallen. Nach Angaben der Ermittler gab es wahrscheinlich keine Komplizen. Priklopil hatte die Tat offenbar über Monate akribisch vorbereitet. Das Tatfahrzeug hatte der Kidnapper ein Jahr zuvor gekauft, auch die Aushubarbeiten zu dem zwei mal drei Meter großen Verlies unter der Garage waren lange zuvor abgeschlossen. Nachbarn beschrieben sein Haus als »ständige Baustelle«. An seinem Wohnort war er »mehr ein Phantom«, sagte ein Briefträger den »Salzburger Nachrichten«. Mindestens einmal soll nach Medienberichten Priklopils Mutter und ein Bekannter das Mädchen gesehen haben. Beiden konnte er den Ermittlern zufolge Nataschas Anwesenheit plausibel erklären.
Seine Tätigkeit als Mitinhaber eines Bauunternehmens habe Priklopil ein Alibi verschafft, als er wenige Wochen nach der Tat von der Polizei verhört wurde. So geriet er als Besitzer eines Lieferwagens des Modells, das nach Zeugenangaben als Tatfahrzeug gesucht wurde, nicht unter Verdacht und die Polizei ordnete keine Hausdurchsuchung an. Dies wird heute der Polizei als Panne vorgeworfen.
Über sein Opfer soll Priklopil während der Gefangenschaft »größtmögliche Kontrolle« ausgeübt haben. Erst in den letzten Monaten soll sich in der Beziehung eine Veränderung vollzogen haben, wie die Ermittler vermuten. Demnach hat Priklopil Natascha Hausarbeiten verrichten und im Garten arbeiten lassen. Als er sie am Mittwoch sein Auto reinigen ließ und einen Moment unaufmerksam war, flüchtete die junge Frau.
Im Haus Priklopils und im Verlies Nataschas wurden zahlreiche schriftliche Aufzeichnungen, Notizen und Zettel gefunden. Ein Tagebuch von Natascha sei nicht dabei gewesen. Die junge Frau wird auf eigenen Wunsch abgeschirmt und hat um eine Ruhepause gebeten. Der Aufenthaltsort ist selbst ihren Eltern nicht bekannt.

Artikel vom 28.08.2006