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Hisbollah eingesickert

Rückholung von Deutschen aus dem Libanon ausgenutzt

Berlin/Beirut (Reuters). Mitglieder der radikal-islamischen Miliz Hisbollah sollen die Rückholaktion von Bundesbürgern aus dem Libanon zur Einreise nach Deutschland ausgenutz haben.
Pioniere der französischen Fremdenlegion trafen bereits gestern im Libanon ein.

Angesichts der großen Zahl von 6200 Rückkehrern sei eine eingehende Überprüfung aller Personen nicht möglich gewesen, berichtete die »Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung«. So sei eine ganze Reihe Nichtdeutscher in die Bundesrepublik eingereist, darunter auch zahlreiche Hisbollah-Mitglieder.
Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble sagte, es gebe keine gesicherte Erkenntnisse, dass die Hisbollah bei dieser Aktion Mitglieder nach Deutschland eingeschleust habe. Bei der Rückholaktion sei es darum gegangen, den Deutschen zu helfen, aus dem Krieg herauszukommen. »Da kommt der ein oder andere mit, dem wir bei der Einreise Passersatzpapiere ausgestellt haben. Da wollten wir nicht zu kleinlich sein«, sagte der CDU-Minister.
Zudem könnten auch deutsche Staatsangehörige Mitglied der Hisbollah sein. »Die können Sie überhaupt nicht an der Einreise hindern.« Bislang gingen die Sicherheitsbehörden davon aus, dass die 900 erkannten Mitglieder der Hisbollah in Deutschland keine Anschläge planten, sagte Schäuble weiter. Die Organisation solle aber in Deutschland Spenden sammeln.
Unterdessen nimmt der erste Einsatz deutscher Soldaten im Nahen Osten konkrete Formen an: Nach Informationen des Magazins »Der Spiegel« sollen mehr als 1200 Bundeswehr-Angehörige für die geplante UN-Mission im Libanon bereitgestellt werden. Damit würde Deutschland nach Italien und Frankreich das drittgrößte Kontingent aller EU-Länder stellen.
Mit deutscher Vermittlung soll spätestens in drei Wochen ein Gefangenenaustausch zwischen Israel und der radikal-islamischen Hisbollah zu Stande kommen. Offen sei noch, ob die pro-iranische Hisbollah zwei von ihr verschleppte israelische Soldaten freilässt und Israel gleichzeitig libanesische Häftlinge auf freien Fuß setzt, oder ob der Austausch zeitversetzt erfolgt.
Laut »Spiegel« richtet sich die Bundesmarine darauf ein, mit Fregatten und Schnellbooten die libanesische Küste zu überwachen. Um den Waffenschmuggel für die Hisbollah-Miliz zu unterbinden, sollen Tornado-Aufklärungsjets der Luftwaffe zum Einsatz kommen.
Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) sprach mit Blick auf die Mission von einem »Kampfeinsatz« der Bundeswehr. »Die deutschen Soldaten müssen befähigt sein, auch gegen den Willen des Kapitäns an Bord eines Schiffs zu gehen, das verdächtigt wird, Waffen zu schmuggeln.« Jung ließ offen, ob es bei der Begrenzung des Einsatzes auf ein Jahr bleibt.
Insgesamt wollen die EU-Länder, wie berichtet, knapp 7000 Soldaten aufbieten. Frankreich hat bereits gestern 200 zusätzliche Pioniere der Fremdenlegion zum Bau von Brücken in den Libanon geschickt.

Artikel vom 28.08.2006