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Auch Bundeskanzlerin
tritt auf die Bremse

Koalition streitet über unerwartete Einnahmen

Berlin (dpa). Angesichts wachsender Begehrlichkeiten wegen des unerwarteten Geldsegens durch höhere Steuereinnahmen und Überschüsse der Bundesanstalt für Arbeit tritt auch Kanzlerin Angela Merkel auf die Bremse.

Sie hält Entlastungen der Bürger höchstens mittelfristig für denkbar und will zunächst den Haushalt sanieren - ganz im Sinne von Finanzminister Peer Steinbrück (SPD). »Es wird mir im Augenblick zu viel optimistisch gesprochen«, sagte Merkel am Samstag in Hannover mit Blick auf die positive Steuerentwicklung. »Aber wenn ein solcher Fall in zwei, drei Jahren eintritt, dann müssen wir überlegen, was können wir machen, um zum Beispiel die Sozialbeiträge zu senken und anderes mehr.«
SPD-Chef Kurt Beck plädierte für Zurückhaltung in der Frage einer stärkeren Beitragssenkung in der Arbeitslosenversicherung. Darüber könne man sprechen, falls es bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) dauerhaft Spielraum gebe. Die BA rechnet dieses Jahr mit einem Überschuss von 8,8 bis 9,6 Milliarden Euro.
Am Wochenende hatten erstmals auch CDU-Ministerpräsidenten von der schwarz-roten Bundesregierung eine stärkeren Absenkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung verlangt. Auf CDU-Widerstand stieß Vizekanzler und Arbeitsminister Franz Müntefering (SPD) mit seinem Vorstoß für ein staatliches Investitionsprogramm.
Saar-Ministerpräsident Peter Müller (CDU) unterstützte die Forderung nach einer Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge um 2,5 Punkte auf dann 4 Prozent. »Damit wird Arbeit in Deutschland billiger, und es können neue Arbeitsplätze entstehen.«. Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) betonte: »Klar ist, dass die Beitragssenkung höher ausfallen muss als bislang geplant.« CDU- Generalsekretär Ronald Pofalla sagte, eine Senkung der Arbeitskosten wäre jetzt das beste Konjunkturprogramm.
Finanzminister Steinbrück betonte indes, derzeit erlaubten die Einnahmen der Bundesagentur keine stärkere Beitragssenkung. Steinbrück will mit den BA-Überschüssen das Defizit im Bundesetat verringern. Dies stößt beim BA-Verwaltungsrat indes auf Widerstand. »Dagegen würden wir juristisch vorgehen«, sagte BA- Verwaltungsratschef Peter Clever.

Artikel vom 28.08.2006