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Mord: Richter glauben
weinender Witwe nicht

Angeklagte Marina P. erzählt dramatische Geschichte

Von Christian Althoff
Detmold (WB). Im Mordprozess gegen Witwe Marina P. (40) hat die Angeklagte gestern versucht, ihren Kopf mit einer dramatischen Geschichte aus der Schlinge zu ziehen. Das Gericht ließ jedoch erkennen, dass es der Frau nicht glaubt.
Marina P. droht eine Verurteilung wegen Mordes.
Kaufmann Herbert Böhm ist erschlagen worden.
Marina P. soll ihren Mann Herbert Böhm (47) in Horn-Bad Meinberg (Kreis Lippe) im Ehebett mit einem Fleischklopfer erschlagen, seine Leiche zersägt und die Teile im Wald versteckt haben.
»Ich werde Ihnen kein Märchen erzählen« - so begann die Russin ihre Aussage, in deren Verlauf sie immer wieder in Tränen ausbrach. Am 28. Januar, einem Samstag, habe es morgens um vier Uhr geklingelt. »Weil ich Herbert nicht wach bekam, habe die Haustür geöffnet.« Drei Männer hätten dort gestanden, von denen einer deutsch und die anderen russisch gesprochen hätten. »Sie wollten zu Herbert.« Zwei Männer seien in die Küche gegangen, der dritte nach oben in Richtung Schlafzimmer. »Einer sagte, ich solle mich anziehen und keine Fragen stellen. Dann ist er mit mir in einem hellen Opel mit LIP-Kennzeichen zum Friedhof nach Horn gefahren.«
Vier Stunden habe sie schweigend mit dem Unbekannten im Auto verbracht, dann habe er sie wieder nach Hause gefahren. »Meinen Mann habe ich nicht gesehen. Die Männer sagten, sie würden übers Wochenende in unserem Haus bleiben, ich solle die Nacht woanders verbringen. Deshalb bin ich zu Freunden nach Altenbeken gefahren«, sagte Marina P. Als sie am Sonntag gegen 14 Uhr nach Horn-Bad Meinberg zurückgekehrt sei, seien die Unbekannten noch immer dort gewesen. »Bevor sie gingen, sagten sie, ich solle das Haus sauber machen. Sie kämen wieder.«
Nachdem die Unbekannten gefahren seien, habe sie im Schlafzimmer und im Bad Blut entdeckt. »Da wusste ich, dass mit Herbert etwas passiert sein musste.« Am Montag habe sie Wände, Fußböden und Betten vom Blut gereinigt, bevor am Abend erneut die drei Unbekannten aufgetaucht seien und das Haus kontrolliert hätten. »Sie sagten, ich solle mich ruhig verhalten.« Sonst werde ihren erwachsenen Kindern in Riga etwas passieren.
Der Vorsitzende Richter Michael Reineke gebrauchte das Wort »Märchen«, als er auf die Aussage einging. Marina P. habe, während sie angeblich in der Gewalt der Unbekannten war, nachweislich einmal 38 und einmal 29 Minuten mit ihrem Geliebten in Riga telefoniert. »Und zu der Zeit, als sie das Blut im Haus aufgewischt haben wollen, sind Sie im Internet gewesen und haben sich Fotos russischer Männer angesehen!«, sagte er. Es sei auch schwer nachzuvollziehen, dass sich Mörder zwei Tage am Tatort aufhielten und einen Tag später noch einmal zurückkehrten.
»Was uns aber am meisten an Ihrer Geschichte zweifeln lässt, ist die Tatsache, dass Ihr Mann keine Feinde gehabt hat«, sagte Reineke. »Herbert Böhm hat niemandem etwas getan. Warum sollen drei Männer ihn erschlagen?«
Marina P. zuckte mit den Schultern. Dagegen beantwortete die Witwe die Frage nach der Herkunft einer Fingerverletzung, die nach ihrer Festnahme entdeckt worden war: »Das ist mir mit dem Fleischklopfer passiert - als ich am Tag vor Herberts Tod gekocht habe.«
Der Prozess wird am 13. September fortgesetzt.

Artikel vom 25.08.2006