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Damwild weidet auf der Wiese

Krog ist Pionier der landwirtschaftlichen Wildhaltung -ÊVerkauf ab Hof

Von Bernhard Hertlein
Bad Salzuflen (WB). Die Kunden kommen selbst aus Dortmund und Berlin, um sich bei Hermann Krog im lippischen Bad Salzuflen mit Wildfleisch einzudecken. Das Besondere: Die Damhirsche werden nicht auf freier Bahn erlegt, sondern unter landwirtschaftlichen Bedingungen großgezogen.

Es waren die niedrigen Rinderpreise, die Krogs Vater, Prof. Karl-Hermann Krog, im Jahr 1978 dazu gebracht haben, diese neue Form der Agrarwirtschaft auszuprobieren. In Deutschland war er damit Pionier, weshalb das Projekt auch von zwei Wissenschaftlern aus Düsseldorf und München begleiten wurde.
Heute gibt es allein in Nordrhein-Westfalen 1200 Betriebe, die - teils nebenberuflich -ÊDamwild aufziehen. Die Tiere weiden das ganze Jahr im Freien. Krog teilt die sieben Hektar für seine 150 Tiere in vier Bereiche, damit sich der natürliche Bewuchs auf den Wiesen zwischenzeitlich immer wieder erholen kann. Chemischer Pflanzenschutz und Düngemittel sind tabu. Neben Körnern und der Sillage im Winter erhalten die Damhirsche noch zusätzlich Eicheln, Kastanien und kleine Äste. Krog: »Die Gerbsäure darin verstärkt den typischen Wildgeschmack.« Krog vergleicht Damwild-Fleisch am liebsten mit einem guten Rehbraten: feinfaserig und sehr fettarm. Dagegen schmecke das billigere Rotwild, das unter anderem in Gaststätten überwiegend verkostet werde, stark nach Rindfleisch.
Die größten Wildfarmen mit bis zu 4000 Tieren befinden sich in Neuseeland. Von hier aus geht das Fleisch - überwiegend Rotwild -Êin alle Welt. Die niedrigen Preise sind Krog zufolge durch Einnahmen aus dem Arzneimittel-Handel subventioniert: Aus dem Bast der jungen Gehörne, die den Hirschen in tierquälerischer Weise abgeschnitten werden, produzierten die Neuseeländer Potenzmittel für Japan und China.
In Bad Salzuflen wird das Damwild etwa 15 bis 18 Monate nach der Geburt möglichst stressfrei durch einen gezielten Schuss von Hermann Krog getötet. Andere Tötungsarten, bei denen die Tiere erst in ein enges Gatter gezwungen werden müssen, lehnt er ab. Krog schlachtet die Tiere auch selbst. Nach zehn Tagen geht das Fleisch vakuumverpackt in den Kühlraum oder direkt in die Vermarktung ab Hof. Im Augenblick ist das Lager allerdings leer. Die Hochsaison beginnt wieder im Herbst. Die Einnahmen aus dem Verkauf reichen allerdings allein nicht. Zweites wirtschaftliches Standbein ist die Schweinemast mit 600 Tieren.
Karl-Hermann Krogs Engagement ging weit über den eigenen Hof hinaus. 1985 gehörte er zu den Gründungsmitgliedern des Bundesverbandes sowie später des europäischen Verbandes für landwirtschaftliche Wildhaltung. 15 Jahre führte er den deutschen Verband, ist heute Ehrenvorsitzender. Nachfolger an der Spitze ist der frühere Bundeslandwirtschaftsminister Karl-Heinz Funke.

Artikel vom 25.08.2006