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Nowitzki hat eine Sternstunde

Basketball-WM: Nach dreifacher Verlängerung schlägt Deutschland Angola

Hiroshima (dpa). 47 Korbpunkte, 16 Rebounds und alle 17 Freiwürfe verwandelt: In einer Sternstunde von NBA-Format hat Superstar Dirk Nowitzki Deutschlands Basketballer im bisher aufregendsten Spiel der WM in Japan zum 108:103-Sieg gegen Angola geworfen und damit den Löwenanteil an einem Novum übernommen.

Erstmals in der 56-jährigen WM-Geschichte ging ein Spiel in eine dreimalige Verlängerung. Mit dem vierten Vorrundensieg sicherte sich die Auswahl des Deutschen Basketball-Bundes Platz zwei in der Gruppe B hinter Spanien und trifft damit im K.o.-Spiel des Achtelfinales am Sonntag in Saitama (13 Uhr/DSF) auf Nigeria. Im Siegesfall nähert sich aber anschließend die Endstation: Gegner im Viertelfinale wäre am Dienstag voraussichtlich die anscheinend übermächtige Vertretung der USA, die zuvor im Achtelfinale auf Australien trifft.
Doch zunächst genossen die Deutschen ihren Erfolg. »In der NBA sind solche Spiele für mich nichts Ungewöhnliches. Aber das war schon ein Riesenkampf. Ich habe mich gut gefühlt, und wollte der Mannschaft helfen, zu gewinnen«, sagte der Matchwinner, der mit seinen 47 Punkten fünftbester Korbschütze der WM-Geschichte ist. Den Rekord hält der Koreaner Jae Hua, der bei der 1990 in Argentinien 62 Punkte erzielte.
»Wer die Punkte macht, ist eigentlich egal. Das war eine riesige Teamleistung. Bei so einem Spiel dabei zu sein, machte einen Riesenspaß. Das war Emotion pur«, sagte der 2,13 Meter große Würzburger. Auch Bundestrainer Dirk Bauermann lobte Nowitzki in den höchsten Tönen: »Er hat seine außergewöhnliche Klasse bewiesen und auch die Mannschaft fantastisch gepusht. Er ist einer der drei besten Basketballspieler der Welt, unser Superstar, um den uns alle beneiden. Wir sind stolz, dass wir ihn haben.«
Bei allem Wirbel um den auch von den japanischen Zuschauern gefeierten Matchwinner vergaß Bauermann eines nicht: »Einer allein kann keine fünf Spieler schlagen.« Mit dem starken Kapitän Ademola Okulaja (14), Demond Greene (14), Patrick Femerling (12) und Sven Schultze (10) punkteten noch vier zweistellig.
Die wichtigste Rolle neben Nowitzki spielte Regisseur Mithat Demirel, der mit einem »Dreier« zum 69:69 26 Sekunden vor Ende der regulären Spielzeit nervenstark die erste Verlängerung und mit zwei Freiwürfen zum 95:95 die dritte Nachspielzeit erzwang. Nowitzki sorgte 0,8 Sekunden vor Ablauf der Uhr mit einem Drei-Punkte-Wurf zum 83:83 für die zweite fünfminütige Verlängerung. »Bei diesem Spiel wäre ich gerne Zuschauer gewesen«, sagte Spielmacher Demirel nach dem zweieinhalbstündigen Basketball-Krimi, bei dem es »immer rauf und runter ging«, wie Nowitzki feststellte.
Nowitzki erinnerte das Nervenspiel an die ebenso enge Vorrundenpartie der EM 2005 im serbischen Vrsac gegen Russland (51:50), nach der der Knoten platzte und die Mannschaft bis ins Finale von Belgrad vorstieß. »Ein Turnier dauert lange. Wichtig ist immer die zweite Woche. Ich hoffe, das wird auch bei dieser Weltmeisterschaft so sein«, meinte Nowitzki. Auch Trainer Bauermann hofft auf eine Initialzündung für das Achtelfinale: »Die Mannschaft hat Herz und Charakter gezeigt.«
Sein Superstar Nowitzki sehnte nach der Kräfte zehrenden Partie die zweitägige Pause herbei: »Jetzt wollen wir ausruhen, ein bisschen Wurftraining machen, härter trainieren und dann angreifen.«

Artikel vom 25.08.2006