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Martinshorn defekt:
Polizei rammt Auto

Land NRW muss ganzen Schaden ersetzen


Von Uwe Koch
Bielefeld/Minden (WB). Einsatzfahrzeuge von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten genießen im Ernstfall Sonderrechte. Sind Martinshorn oder Blaulicht nicht eingeschaltet und es kommt zum Unfall, so muss das Land dafür gerade stehen. Das Landgericht Bielefeld hat jetzt in einem Fall die Haftungsquote sogar zu 100 Prozent zu Lasten des Landes festgelegt.
Zwei Polizeibeamte waren am 9. Juni 2005 in Minden mit einem fast neuen Dienstwagen auf Einsatzfahrt. Das Blaulicht des Streifenwagens war eingeschaltet, das Martinshorn indes nicht: Die Alarmhupe war defekt. Trotzdem fuhren die Beamten gegen 22.50 Uhr auf der Bundesstraße 61 bei Rotlicht in eine unübersichtliche Kreuzung ein. Der Streifenwagen prallte gegen einen Audi A 6, dessen Fahrer ordnungsgemäß bei »Grün« gestartet war.
Das Land Nordrhein-Westfalen als Dienstherr der beiden Polizisten erkannte die Haftung für den Verkehrsunfall dem Grunde nach an und wollte 75 Prozent des Schadens auch klaglos übernehmen. Allerdings machte das Land Nordrhein-Westfalen im Gegenzug den eigenen Schaden am Passat geltend, und der mit 13 770 Euro bei weitem höher als der Schaden am Audi A6 des Mindeners, der nur 4179 Euro betragen hatte. Selbst nach der Übernahme der 75-prozentigen Haftung stehe dem Land also noch ein »Guthaben« von 674 Euro zu, argumentierten die Anwälte.
Richter Jochen Geue als Vorsitzender der 8. Zivilkammer klärte die Parteien auf, dass Obergerichte gerade in Fällen eines fehlenden Martinshorns geschädigten privaten Verkehrsteilnehmers bis zu 100 Prozent des Schadens ersetzt hätten. Geue drängte den Mindener und das Land Nordrhein-Westfalen zu einem Vergleich. Vergeblich: Nach der Beweisaufnahme kam das Landgericht demnach zu dem Ergebnis, dass dem Fahrer des Audi sogar zu 100 Prozent Schadensersatz zustehe. Az. 8 O 470/05.

Artikel vom 25.08.2006