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Es gibt keine wirklichen Sorgenkinder

BCG-Gutachten bestätigt Bertelsmann-Kurs -ÊWachstum überall aus eigener Kraft möglich

Von Bernhard Hertlein
Gütersloh (WB). Nach dem Jahr 2007, das wegen des Aktien-Rückkaufs noch von Konsolidierung und Investitionszurückhaltung geprägt sein wird, soll es 2008 bei Bertelsmann wieder klar aufwärts gehen. Ein im Oktober 2005 in Auftrag gegebenes grundlegendes Gutachten der Boston Consulting Group (BCG) erwartet für den Medienkonzern jährlich Zuwächse von fünf bis acht Prozent.

»Wir haben inzwischen auch die Profitabilität, um dieses Wachstum zu finanzieren«, freute sich Vorstandschef Dr. Gunter Thielen gestern in einem Brief an die Mitarbeiter. Bertelsmann sei auf gutem Weg, im kommenden Jahr die angestrebte Umsatzrendite von zehn Prozent zu erreichen. Vor der Belegschaft informierte Thielen nach Informationen der »Frankfurter Allgemeinen« (FAZ) die obersten Führungskräfte bei einer Klausurtagung im Schloßhotel Münchhausen in der Nähe von Hameln.
Thielen zufolge sind alle sechs Geschäftsbereiche von Bertelsmann -ÊFernsehen (RTL), Druck/Dienstleistungen (Arvato), Zeitschriften (G+J), Clubs (Direct Group), Bücher (Random House) und Musik (Sony BMG) - strategisch so gut aufgestellt, dass sie auch langfristig erfolgreich sein können. Dem FAZ-Bericht zufolge sind 18 von 22 untersuchten Einheiten entweder profitabler oder mindestens genauso profitabel wie der Durchschnitt der Wettbewerber. Mehr als drei Viertel des Umsatzes stamme aus Geschäften, in denen es Bertelsmann auf Platz 1 oder 2 im Markt geschafft habe.
Es überrascht wenig, dass die schlechteste Note von BCG an den seit Jahren defizitären Deutschen Buchclub vergeben wurde. Allerdings sehen die Berater auch dieses Geschäft der Direct Group auf dem richtigen Sanierungsweg. Der Chef der Direct Group, Ewald Walgenbach, hat angekündigt, dass sowohl der deutsche als auch der lange ebenfalls kriselnde britische Buchclub in diesem Jahr einen Gewinn zum Konzernergebnis beisteuern werden.
Kritische Fragen stellt das BCG-Gutachten auch an die im vergangenen Jahr für 312 Millionen Euro von der Direct Group erworbene nordamerikanische DVD-Versandhausfirma Columbia House. Hier fürchten die Experten, dass das digitale Geschäft via Internet den Versandhandel austrocknen könnte. Columbia ist der drittgrößte Verkäufer von DVD-Videofilmen in Nordamerika. Fusionspartner BMG Direct erzielt in der gleichen Region 40 Prozent des gesamten Umsatzes der Branche mit Musik-CDs. Bei der Direct Group sieht man die Entwicklung gelassen. Der Umsatz mit Film-DVDs werde noch drei bis fünf Jahre deutlich ansteigen. In dieser Zeit werde eine Plattform zum kostenpflichtigen Download erarbeitet. Columbia House und BMG Direct erzielen 2006 zusammen einen Umsatz von vermutlich gut einer Milliarde Euro.
Eine verstärkte Internetpräsenz gehört zu den weiteren Forderungen der BCG-Studie. Thielen: »Die Ergebnisse mögen nicht überraschend sein; dafür aber sind sie eine umso erfreulichere Bestätigung für unsere Arbeit in den vergangenen Jahren.«

Artikel vom 24.08.2006