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Gäfgens Stiftungspläne gestoppt

Gründung wegen Verletzung des allgemeinen Anstandsgefühls abgelehnt

Trier/Frankfurt (dpa). Der Mörder des Frankfurter Bankierssohns Jakob von Metzler, Magnus Gäfgen, darf keine Stiftung für junge Gewaltopfer gründen. Mörder Magnus Gäfgen wollte Stiftung gründen.

Das Projekt mit dem Namen »Horizonte« sei untrennbar mit der Person des zu lebenslanger Haft verurteilten Gäfgen verbunden, begründete die Stiftungsaufsicht des Landes Rheinland-Pfalz gestern ihre Entscheidung. Die geplante Stiftung verletze daher das allgemeine Anstandsgefühl.
Gegen die Entscheidung der für Stiftungen zuständigen Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) in Trier können Rechtsmittel eingelegt werden. Nach einem Widerspruch stehe dem Stiftungsgründer der Klageweg vor den Verwaltungsgerichten in Koblenz offen, erklärte eine ADD-Sprecherin. Als Antragsteller tritt Gäfgens Anwalt Michael Heuchemer auf. Auch der frühere nordrhein-westfälische FDP-Chef Joachim Schultz-Tornau aus Bielefeld wollte sich in der Stiftung engagieren.
Gäfgen hatte den elf Jahre alten Jakob von Metzler am 27. September 2002 entführt und sofort in seiner Frankfurter Wohnung ermordet. Erst nach Gewaltdrohungen eines Vernehmungsbeamten offenbarte der heute 31 Jahre alte Jurist das Versteck des toten Jungen, von dessen Familie er zuvor noch eine Million Euro erpresst hatte, um seinen luxuriösen Lebensstil aufrechtzuerhalten. Nach mehreren Geständnissen verurteilte das Landgericht Frankfurt den jungen Mann zu lebenslanger Haft mit besonders schwerer Schuld, was eine Entlassung bereits nach 15 Jahren Haft verhindert.
In der Folge führte Gäfgen mit Hilfe Heuchemers eine Reihe von juristischen Verfahren, die ihre Wurzel in der vom damaligen Vize-Polizeipräsidenten Wolfgang Daschner angeordneten Folterdrohung haben. Gäfgen hat die Bundesrepublik Deutschland deswegen vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg verklagt. Vom Land Hessen verlangt der Häftling der JVA Schwalmstadt 10 000 Euro Schmerzensgeld. Über seinen Antrag auf Prozesskostenhilfe hat das Landgericht Frankfurt noch nicht entschieden. Laut Heuchemer sollten sowohl Schmerzensgeld als auch Erlöse aus Gäfgens Buch »Allein mit Gott« in die Stiftung fließen, die ein Mindestkapital von 25 000 Euro haben sollte.
Die Stiftungsaufsicht in Trier habe seit der Reform des einschlägigen Rechts im Juli 2004 bereits 89 Stiftungen zugelassen und mit »Horizonte« erstmals ein Projekt abgelehnt, sagte die Behördensprecherin. Insgesamt beaufsichtige die ADD 700 Stiftungen.
In Frankfurt sorgte die Entscheidung aus Trier für Erleichterung. Oberbürgermeisterin Petra Roth (CDU) wie auch Kulturpolitiker Hilmar Hoffmann lobten das Stiftungsverbot. Die Familie von Metzler äußerte sich nicht.

Artikel vom 24.08.2006