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Gatlin spielt Kronzeuge

Kompromiss: Sprinter kann gegen lange Sperre klagen

Los Angeles (dpa). Das Spiel scheint aus zu sein für Justin Gatlin. Nach seinem Doping-Geständnis vor drei Wochen hat der Olympiasieger und Weltmeister über 100 Meter die von der Anti-Doping-Agentur der USA (USADA) geforderte Sperre von bis zu acht Jahren akzeptiert.

Gleichzeitig zeigte sich der 24 Jahre alte US-Amerikaner kooperativ im Kampf gegen Doping und verhinderte dadurch eine lebenslange Sperre, die normalerweise für Wiederholungstäter gilt. Gatlin hat sich zudem als »Kronzeuge« bereit erklärt, zur Aufklärung seines Falls beizutragen, in dem vor allem auch sein umstrittener Coach Trevor Graham verwickelt sein soll. Seinen Weltrekord von 9,77 Sekunden gibt er freiwillig ab, seine Laufbahn auf der Laufbahn scheint beendet.
»Es spricht für ihn, dass er die Verlässlichkeit der Wissenschaft anerkennt. Anstatt großes Theater zu machen und viel Geld und Zeit zu verschwenden, hat er die Genauigkeit seines positiven Tests zugegeben«, sagte USADA-Generalsekretär Travis Tygart.
Bevor Gatlin am 22. April 2006 bei einem Meeting in Kansas positiv auf Testosteron getestet wurde, war er im College schon einmal des Dopings überführt worden. Bei den US-Junioren-Meisterschaften 2001 waren in seinem Urin Spuren von Amphetamin gefunden worden. Die zweijährige Sperre, ausgesprochen vom Leichtathletik-Weltverband IAAF, war damals nachträglich auf ein Jahr reduziert worden, weil Gatlin glaubhaft gemacht hatte, die jahrelange Einnahme von Medikamenten zur Behandlung seines Aufmerksamkeits-Defizits als Kind sei für das positive Testergebnis verantwortlich.
»Wir sind auf der einen Seite froh, dass Justin Verantwortung für seinen positiven Tets übernimmt und den Kampf gegen Doping unterstützen will, aber auf der anderen Seite sind wir auch furchtbar enttäuscht von ihm«, sagte der Chef des US-Leichtathletik-Verbandes USATF, Craig Masback, »das ist ein schwerer Schlag und ein großer Rückschritt für unseren Sport.«
Die genaue Tragweite des Kompromisses zwischen Gatlin und der USADA wird jedoch erst auf den zweiten Blick deutlich. Trotz vermeintlicher Einsicht und Reue des Athleten wird der Fall auf jeden Fall ein Nachspiel haben und in die Verlängerung gehen. Als Teil der Einigung zwischen Gatlin und der USADA kann der ehemals schnellste Mann der Welt bei einem unabhängigen Schiedsgericht Einspruch gegen das Urteil einlegen und plant dies auch zu tun. Dadurch soll die Sperre drastisch verkürzt werden.

Artikel vom 24.08.2006