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»Ebay Express keine Gefahr«

Einzelhandelsverband: Alle virtuellen Kaufhäuser sind bislang gescheitert

Von Dietmar Kemper
Bielefeld (WB). Seit gestern bieten 3500 gewerbliche Händler eine Million Artikel im virtuellen Kaufhaus »Ebay Express« an. Dort wird nicht versteigert, sondern gleich ausgewählt und bezahlt. Den Geschäften in den Fußgängerzonen erwächst neue Konkurrenz.

Nach einer Prognose des Hauptverbandes des Deutschen Einzelhandels (HDE) steigt in diesem Jahr der im Internet erwirtschaftete Umsatz auf 16,3 Milliarden Euro. Vor sieben Jahren waren es noch vergleichsweise kümmerliche 1,25 Milliarden Euro. Obwohl seitdem mit E-Commerce kontinuierlich mehr verdient wird, müssen die klassischen Geschäfte angeblich trotzdem nicht in Panik verfallen. »Ebay Express ist keine Bedrohung für den stationären Einzelhandel, sondern nur ein zusätzlicher Vertriebskanal für Waren«, sagte HDE-Sprecher Hubertus Pellengahr gestern dieser Zeitung. Standardisierte Produkte wie Druckerpatronen würden zunehmend im Internet gekauft, Anzüge und Schuhe aber nicht.
Kein Händler müsse zwingend im Internet seine Ware verkaufen, aber jeder, »auch in der kleinsten Stadt«, sollte dort mit einer »Visitenkarte« samt Öffnungszeiten und weiteren Angaben zum Geschäft vertreten sein, mahnt Pellengahr. Heißt im Klartext: Im Internet auf sich aufmerksam machen und hinter der Ladentür die Stärken Beratung und Service ausspielen.
Ebay-Deutschlandchef Stefan Groß-Selbeck will mit dem virtuellen Kaufhaus »neue Käuferschichten ansprechen« und zwar Kunden, die sich für Internet-Shopping interessieren, aber »nur ungern über Auktionen kaufen«. Das Sortiment der ausschließlich originalverpackten Neuwaren reiche von Babyartikeln bis zu Haushaltsgeräten. Der Name des Internet-Kaufhauses soll übrigens Programm sein. »Die Kunden bekommen die Ware expressartig schnell binnen zwei Tagen«, sagte Klaus Ruthmann von buch.de aus Münster dieser Zeitung. Der Medienhändler ist seit zweieinhalb Jahren Partner von Ebay und wird in dessen Kaufhaus 130 000 Artikel anbieten. Das virtuelle Shopping-Center sei attraktiv und überschaubar gestaltet, meint Ruthmann: »Nur wenige Banner und Werbeflächen lenken vom Kaufvorgang ab, auch deshalb der Name Express.«
Buch.de mit einer Umsatzsteigerung von 23 Prozent im ersten Halbjahr will den großen Konkurrenten Amazon angreifen. Dass dies über ein virtuelles Kaufhaus gelingt, bezweifelt der Hauptgeschäftsführer des Einzelhandelsverbandes OWL, Stefan Genth, stark: »Alle Versuche in der Vergangenheit, egal ob my-world.de oder shopping24, hat der Kunde nicht angenommen.« Verbraucher nutzten das Internet, um sich über Preise zu informieren, aber dessen Anteil am Gesamtumsatz liege bei nicht mehr als sieben Prozent. »Ebay Express« sei bei genauerem Hinsehen gar nicht wirklich neu, meint Genth: »Ebay versucht sich noch interessanter zu machen. Dabei werden die bereits vorhandenen Händler lediglich auf einer weiteren Plattform neu zusammengefasst.«

Artikel vom 23.08.2006