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Heesters als
»Kunstwerk«

Ausstellung über den Entertainer

Von Elke Vogel
Berlin (dpa). Der Frack ist sein Markenzeichen. Auch mit seinen 102 Jahren wirft sich Johannes Heesters noch regelmäßig »in Schale«. Dann dauert es meist nicht lange, bis »Jopies« Erkennungsmelodie erklingt: Graf Danilos »Heut' geh' ich ins Maxim« aus Lehárs Operette »Die Lustige Witwe«.

In dieser Rolle trat der Schauspieler und Entertainer in seiner 86-jährigen Karriere in mehreren tausend Vorstellungen auf. In der ersten Ausstellung über das Gesamtkunstwerk Heesters ist jetzt das Original-Danilo-Kostüm aus dem Jahr 1938 ebenso zu sehen wie einer seiner zahlreichen Fräcke. Die Berliner Akademie der Künste zeigt vom Freitag bis zum 22. Oktober die Schau »Johannes Heesters - Auf den Spuren eines Phänomens«.
Damit wird erstmals das Archiv präsentiert, das Heesters vor zwei Jahren der Akademie schenkte. Gezeigt werden 300 Exponate, darunter Fotos, Rollenbücher, Kostüme, Filmplakate und persönliche Dokumente. Daneben ist die Karriere des gebürtigen Holländers in etwa eineinhalb Stunden Filmausschnitten zu erleben.
In der Ausstellung kommt Heesters' Verhältnis zu den Nationalsozialisten nicht zu kurz. Die Schau zeige, wo Heesters sich angepasst habe, um seine künstlerische Laufbahn nicht zu gefährden, sagte der Direktor des Akademie-Archivs, Wolfgang Trautwein, gestern in Berlin.
Heesters habe sich bemüht, Distanz zu den NS-Machthabern zu halten, so Ausstellungskurator Torsten Musial. Er habe keine nationalsozialistischen Anschauungen vertreten, sei nicht Parteimitglied geworden und habe versucht, sich von offiziellen Künstlerempfängen fern zu halten. Daher gibt es, im Gegensatz zu anderen Stars dieser Zeit, fast keine Fotos, die ihn mit der Parteiprominenz zeigen. Trotz seiner inneren Distanz und seines besonderen Status' als Ausländer habe sich Heesters dem Regime aber angepasst, so die Ausstellungsmacher.
In Propagandafilmen spielte er nicht mit. Der von ihm verkörperte Männertyp des Bonvivants passte nicht zum nationalsozialistischen Ideal des wehrhaften deutschen Mannes. Dennoch seien auch die Unterhaltungsfilme von »Wenn Frauen schweigen« über »Immer nur Du« bis »Jenny und der Herr im Frack« ins Gesamtkonzept der nationalsozialistischen Propaganda einbezogen worden. Heesters meinte rückblickend: »Unsere Arbeit war bestimmt die verlogenste, die es in dieser Zeit gab.«

Artikel vom 23.08.2006