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Transport nur ein kleiner Teil

Andreas Hartmann über neue Aufgaben für Spediteure - Steuernachteil

Paderborn (WB). Vorsicht Politikerversprechen! Im Gespräch mit Bernhard Hertlein zeigt Andreas Hartmann, dass die Spediteure bei einem Projekt, das ihre Benachteiligung gegenüber der ausländischen Konkurrenz reduzieren soll, letztlich draufzahlen würden.

Die Energiepreise steigen. Fahren die Frachtkosten mit?Hartmann: Die höheren Ausgaben für Diesel führen dazu, dass die Transportkosten heute im Stückgut- und im Umzugsverkehr um 3,7 Prozent und im Ladungsverkehr um fünf Prozent über dem Niveau Anfang 2005 liegen.

Werden diese Mehrkosten an die Kunden weiter geleitet?Hartmann: Wir können die höheren Dieselkosten im Verhältnis 1:1 weitergeben, weil wir es fair machen und die Lage nicht für versteckte Preisanhebungen ausnutzen. Das Gleiche gilt übrigens auch für die Lkw-Maut.

Die Maut funktioniert offenbar technisch inzwischen reibungslos. Also keine Probleme?Hartmann: Nein, sieht man von dem noch nicht eingelösten Versprechen der Bundesregierung ab, einen Großteil der Mauteinnahmen an die deutschen Spediteure zurückzugeben. Von 600 Millionen Euro war die Rede. Damit sollten standortbedingte Steuernachteile ausgeglichen werden. Inzwischen hat die neue Regierung die Summe auf 250 Millionen Euro reduziert. Doch das ist nicht das Schlimmste. Von der Summe sollen nämlich 150 Millionen für Entlastungen bei der Kfz-Steuer genutzt werden. In Wirklichkeit führt das Modell, das im Augenblick von der Politik favorisiert wird, zu einer Mehrbelastung.

Geht das etwas konkreter?Hartmann: Nehmen wir einen Vierzigtonner mit einer jährlichen Fahrleistung von 12 500 Kilometern. Nach dem Modell würde der Spediteur 592 Euro jährlich sparen. Zugleich aber soll die Maut ab 2007 um 1,1 Cent je Kilometer steigen. Dies bedeutet eine neue Belastung von 1650 Euro. Unterm Strich wird der Spediteur mit mehr als 1000 Euro zusätzlich zur Kasse gebeten.

    Die anderen 100 Millionen?Hartmann: Mit ihnen soll die Umstellung von Lkw auf die Euro 5-Abgasnorm durch billige KfW-Kredite gefördert werden. Ich glaube aber schon wegen der Randbedingungen und des bürokratischen Aufwands nicht, dass davon sehr viele profitieren.

    Wie geht es der Branche?Hartmann: Seit Jahresanfang nimmt das Transportvolumen zu. Wir sind sehr gut ausgelastet.

Fürchten Sie, dass die Aufwärtsfahrt schon Anfang 2007 zu Ende gehen wird?Hartmann: Sicher wird die Mehrwertsteuer-Erhöhung private Verbraucher beeinflussen. Ich rechne jedoch nicht mit einer Stagnation der Wirtschaft.

Geht der Trend unter Spediteuren weiter zum Allround-Dienstleister?Hartmann: Die Forderung, unter dem Slogan »Supply Chain Management« die ganze logistische Prozesskette abzubilden, kommt aus der Kundschaft und wird sich noch verstärken.

Wie sieht eine solche Kette beispielhaft aus?Hartmann: Sie beginnt mit dem Abholen der Ware auch in fernen Regionen wie beispielsweise China und reicht über Seetransport und Verzollung bis zur Zwischenlagerung. Dazu kommt neuerdings der »Value added Service«.

Also wohl die »Mehrwert-Dienstleistung«. Was versteht man darunter?Hartmann: Das sind Arbeiten wie Qualitätskontrolle, Umverpacken, Kommissionieren, Etiketieren und sogar Rechnungstellung. Am Ende kauft der Händler nur noch ein und organisiert den Endkunden. Alle Aufgaben dazwischen werden von seinem Spediteur übernommen.

Kann das deutsche Speditionsgewerbe angesichts der höheren Standortkosten gegen die internationale Konkurrenz bestehen?Hartmann: Im Stückgutverkehr, unserem Kerngeschäft, kommt es sehr auf Zuverlässigkeit, gut ausgebildetes Personal und den persönlichen Kontakt zum Kunden an. Anders bei den Ladungsverkehren, bei denen die Lkw die Fracht nur von einem Ort zum anderen transportieren. Hier können deutsche Unternehmen in der Regel nicht mehr mit den niedrigpreisigen Konkurrenten aus Osteuropa konkurrieren.

150 Jahre Spedition Hartmann legen die Frage nahe, wie das Transportgewerbe in 50 oder 150 Jahren aussehen wird.Hartmann: Zunächst wüsste ich erst ein Mal gern, wie das nächste Jahr sein wird. Wir von Hartmann gehen davon aus, dass die Globalisierung weiter gehen wird. Deshalb werden wir vom 19. bis 22. September erstmals in Schanghai auf der weltgrößten Messe für Transport und Logistik ausstellen.

Artikel vom 23.08.2006