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FDP: Drei Fragezeichen am Etat 2007

Fricke und Schäffler beklagen Steinbrücks »Nichtbereitschaft zum Sparen«

Von Reinhard Brockmann und Hans-Werner Büscher (Foto)
Bielefeld (WB). Hinter dem Bundeshaushalt 2007 stehen für die FDP noch drei große Fragezeichen: die ungewissen Kosten des Libanon-Einsatzes, Hartz IV und eventuelle Mehreinnahmen durch steigende Beschäftigung.
Otto Fricke (40), Vorsitzender im Bundestags-Haushaltsausschuss.
Auf einen zweistelligen Millionenbetrag schätzt Otto Fricke, der Vorsitzende im Haushaltsausschuss des Bundestages, die Libanon-Kosten - sofern es weitgehend bei einem Marineeinsatz mit vorhandenem Material bleibt. Noch kritischer werde es, wenn, wie bereits öffentlich diskutiert, der Bundeswehretat um bis zu eine halben Milliarde Euro pauschal aufgestockt werden sollte.
Zusätzliche Belastungen von 3,5 bis 5 Milliarden sieht der Krefelder Abgeordnete im Bereich Langzeitarbeitslosigkeit. Im Blick: So genannte Aufstocker, die »ganz ansehnliche Stundenlöhne« zwar legal, aber dennoch auf Kosten der Solidargemeinschaft erzielen.
Hoffnungen richtet Fricke auf die leise Besserung am Arbeitsmarkt. Allerdings hat er Zweifel, ob die Entlastung durch mehr Beitragszahler ausreicht, den im September zu beratenden Bundesetat im Gesamtverhältnis von Ausgaben und Investitionen wieder verfassungsgerecht zu gestalten.
Mit Fricke steht erstmals ein FDP-Politiker an der Spitze des »Königsausschuss« genannten Haushaltsausschusses. Er wird traditionell von der stärksten Oppositionspartei geführt.
Fricke beunruhigt die sture »Nichtbereitschaft« von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD), an die Ausgaben heranzugehen. Er werde nicht locker lassen, sagte Fricke gestern in einem Redaktionsgespräch beim WESTFALEN-BLATT. Jeder Privatmann wisse, dass man Ausgaben kürzen müssen, wenn die Einnahmen ausbleiben.
Frickes Reservoir an Sparvorschlägen ist unerschöpflich. Vom Auslaufen der Steinkohlebeihilfen bis zum Deutschen Wetterdienst und dem steuerfinanzierten exklusiven »Rat für Formgebung« reichen die Möglichkeiten im »Liberalen Sparbuch«. Alles in allem 500 Tipps für den Finanzminister, wie er 8,3 Milliarden Euro einsparen könnte.
Frank Schäffler, Fraktionskollegeaus dem Finanzausschuss, dringt auf eine zweite Stufe der Föderalismusreform als wirksame »Schuldenbremse«. Bislang sei der Druck der Verfassung auf Haushaltssünder viel zu gering, beklagt der Herforder Liberale. Als Mitglied im Finanzausschuss - »Wir sind für die Einnahmen zuständig, Kollege Fricke für die Ausgaben« - tritt er für eine ehrliche Finanzpolitik ein. Beide Abgeordnete versprechen sich davon, die liberale Handschrift deutlicher machen zu können.
Schäffler erkennt an, die Wirtschaft profitiere von einem Wachstumsschub und steigenden Steuereinnahmen. Ungut sei nur, dass die Bundesregierung im Steuerrecht alles tue, um den Aufschwung wieder abzuwürgen.
An der Erhöhung der Mehrwertsteuer werde festgehalten, während die Unternehmenssteuerreform nicht von der Stelle komme. Schäfflers Fazit: »Die große Koalition hat nicht großen Lösungen gebracht, sondern gar keine.«

Artikel vom 22.08.2006