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Rolf Tophoven, Institut für Terrorismusforschung

»Terroristen werden sich die offenen Flanken der Gesellschaft vornehmen.«

Leitartikel
Sicherheit und Mobilität

Über und
unter den
Wolken


Von Andreas Schnadwinkel
Unter den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein, über den Wolken soll sie eingeschränkt werden. Im Flugverkehr lässt sich das Gefühl der relativen Sicherheit mit verschärften Kontrollen und Verboten leichter steigern als auf den Schienen. Wer in einen Airbus oder eine Boeing steigt, wird vorher samt Gepäck durchleuchtet. Auf Bahnhöfen gibt es (noch) keine Überprüfung der Personalien und Koffer. Jeder Fahrgast kann mit seinen Taschen ein- und aussteigen, wo er will.
Seit der Verhinderung der Anschläge in London ziehen die EU-Innenminister einheitliche Kontrollen und die Einschränkung des Handgepäcks in Betracht. Wenn Getränkeflaschen (flüssiger Sprengstoff) und Digitalkameras (elektronischer Auslöser) nicht mehr mit in die Kabine genommen werden dürfen, sind in der Folge dieser Maßnahme Fluggesellschaften und Flughafenbetreiber gefragt:
- Mediziner und Verbraucherschützer werden fordern, mehr Wasser an die Passagiere auszugeben, weil keine Getränke mehr mitgebracht werden dürfen. Das träfe in erster Linie die Fluggäste selbst, die dann bei den nahezu servicelosen Billigfliegern überteuerte Getränke kaufen müssten.
- Sollten elektrische Geräte wie mp3-Spieler und Kameras, die man auch wegen ihres Wertes bisher lieber bei sich trägt, im Koffer aufgegeben werden müssen, gäbe es - da muss man nicht Hellseher sein - noch mehr Diebstähle bei der Gepäckbeförderung in den Flughäfen.
Solche Alltagsprobleme scheinen angesichts der Gefährdungslage nachrangig. Und offenbar wird die Bedrohung nun, nach dem Scheitern islamistischer Anschläge auf zwei Regionalzüge in Nordrhein-Westfalen, nicht mehr als »abstrakt« bezeichnet, sondern als real angesehen - was sie auch schon vorher war, aber aus ideologischen Gründen von der rot-grünen Bundesregierung bewusst kleingeredet wurde.
Die Videoüberwachung öffentlicher Orte kann nur ein Anfang sein. Und da sich Ermittlungsansätze und -erfolge nur durch die Auswertung der Aufnahmen einstellen, sollten auch hartnäckige Datenschützer einsehen, dass Datenschutz in Zeiten des Terrors vor allem Täterschutz ist.
Wie unsinnig die Regelungen des »Antidiskriminierungsgesetzes« sind, wird jetzt besonders deutlich. Natürlich müssen Polizei- und Grenzschutzbehörden den Kreis der Verdächtigen so eng wie möglich ziehen, um überhaupt Ermittlungserfolge haben und Anschläge vor der Ausführung verhindern zu können.
Und die Festnahme der zwei libanesischen Kofferbomber zeigt das Täterprofil ganz klar: Muslim, jung, technisches Studium. Hat man schon vergessen, dass solche Männer wie ein gewisser Herr Atta den 11. September 2001 von Hamburg aus mitplanten?
Wer gezielte Ermittlungen »Diskriminierung« nennt, hat nicht nur den Ernst der Lage immer noch nicht erkannt, sondern auch die Denkweise der Terroristen nicht verstanden.

Artikel vom 25.08.2006