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Böttcher will
in Ruhe leben

Verurteilte Kindermörderin ist frei

Frankfurt/Main (dpa). 20 Jahre nach dem Doppelmord an ihren beiden Töchtern hat die wegen Mordes verurteilte Monika Böttcher, geschiedene Weimar, ihre Strafe verbüßt.
Monika Böttcher beim zweiten Prozess 1997.

Ihr Anwalt Gerhard Strate bestätigte am Wochenende, dass die zu lebenslanger Haft verurteilte und jetzt 48 Jahre alte Frau am Freitag nach 15 Jahren in der JVA das Gefängnis verlassen habe. Der »Fall Weimar« um den Mord an der fünfjährigen Karola und der siebenjährigen Melanie war eines der längsten und spektakulärsten Indizien-Verfahren der deutschen Rechtsgeschichte.
Strate sagte, seine Mandantin lebe nun zurückgezogen in Frankfurt und wolle sich »gegenüber niemandem äußern«. Monika Böttcher habe während ihrer Haft eine Ausbildung gemacht und arbeite nun auch in diesem Beruf.
Kaum ein Kriminalfall hat die Öffentlichkeit so gespalten wie der Doppelmord im osthessischen Philippsthal Anfang August 1986. Das Verfahren mit seinen drei Prozessen dauerte von 1986 bis zum Jahr 2000. Immer wieder beteuerte die Angeklagte ihre Unschuld und belastete ihren damaligen Mann.
Im August 2000 hatte der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe die vom Landgericht Frankfurt/Main verhängte lebenslange Strafe endgültig bestätigt. Zu diesem Zeitpunkt war Monika Böttcher - sie hatte nach der Scheidung wieder ihren Mädchennamen angenommen - schon zwei Mal verurteilt und ein Mal freigesprochen worden. Außerdem hatte sie bereits neun Jahre in Haft verbracht.
Die vorzeitige Freilassung nach 15 Haftjahren wurde nun möglich, weil die Frankfurter Richter keine »besondere Schwere der Schuld« festgestellt hatten. Andernfalls wäre eine Haftentlassung nach dieser Zeit nicht möglich gewesen.
Am 4. August 1986 hatte Monika Weimar ihre beiden Töchter als vermisst gemeldet - am 7. August wurden die Mädchenleichen entdeckt. Die Ermittler wussten inzwischen von den Problemen in der Weimar-Ehe und sahen hierin auch das Mordmotiv. Doch wer war es? Monika, die einen amerikanischen Freund hatte und die Freiheit suchte? Oder ihr Mann, der sie für ihr Verhalten »bestrafen« wollte? Ende August 1986 wurde Monika Weimar festgenommen, in Fulda wurde sie 1988 zu lebenslanger Haft verurteilt.
Doch nach einem spektakulären Wiederaufnahmeverfahren sprach das Gießener Landgericht die Frau im April 1997 frei - ein Urteil, das bei der Prüfung vor dem Bundesgerichtshof aber keinen Bestand hatte. Das Landgericht Frankfurt/Main kam am 22. Dezember 1999 erneut zum Fuldaer »lebenslang«.

Artikel vom 21.08.2006