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Viele gehen ängstlich zum Zahnarzt

Professor der Universität Münster rät Patienten zu Verhaltenstherapie

So entspannt wie dieser Patient sehen nicht alle Menschen einer Zahnbehandlung entgegen.
Münster (dpa). Fünf bis zehn Prozent der Bundesbürger gehen aus Angst nie oder viel zu spät zum Zahnarzt. Dieser Personenkreis leide unter einer »Dentalphobie« und suche einen Zahnarzt erst auf, wenn die Schmerzen unerträglich seien, sagte der Psychosomatiker Prof. Stephan Doering am Wochenende in Münster. 40 bis 60 Prozent zeigten deutliche Anzeichen von Angst vor einem Termin, wie etwa schweißnasse Hände oder Herzrasen. Doering hat an der Uni Münster die bundesweit einzige Professur für Psychosomatik in der Zahnheilkunde.
Der Mediziner sagte, mit psychotherapeutischer Hilfe könne die Furcht vor einer Zahnbehandlung überwunden werden. »Es gibt mittlerweile sehr gute Methoden, die den Patienten innerhalb weniger Behandlungsstunden helfen, die Angst in den Griff zu bekommen.« Dazu gehöre die Verhaltenstherapie mit einem angeleiteten Aufsuchen der angstmachenden Situation, bis man sie eine Zeit lang aushalten kann.
Doering verwies auf niederländische Studien, wonach viele Patienten mit Zahnbehandlungsangst nicht selten als Kinder traumatische Erlebnisse bei einem Zahnarzt hatten. Dies könnten schmerzhafte Behandlungen oder mit Gewalt verbundene Maßnahmen wie ein Festhalten des Kopfes im Behandlungsstuhl sein. »Viele Patienten mit einer Dentalphobie haben schlimme Erfahrungen beim Zahnarzt gemacht«, sagte der Arzt. Hier könne möglicherweise eine Therapie wie für Traumapatienten helfen, »die Erinnerung zu »verpacken«, so dass sie sich nicht immer aufdrängt«.
Doering kritisierte, dass in der Approbationsordnung für angehende Zahnmediziner weder Gesprächsführung noch Psychosomatik - die Wechselbeziehungen zwischen Körper und Seele - vorkommen. Dagegen sei dies in der Humanmedizin seit langem der Fall. Auch würden Gespräche des Zahnarztes mit den Patienten nicht von den Kassen bezahlt. »Das sollte geändert werden«, forderte Doering. Durch Gespräche könnten die Beziehungen zwischen Patient und Zahnarzt verbessert werden. »Und Gesprächsführung ist eine Technik, die erlernt werden muss.«

Artikel vom 21.08.2006