21.08.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Die Stille
im Tollhaus

Aachen verspielt die Heimpremiere

Von Klaus Lükewille
Aachen (WB). Zwei Helden vergangener Tage, sie kamen von oben. Willi Landgraf und Erik Meijer landeten vorher mit dem Fallschirm im Anstoßkreis. Ihre früheren Kollegen, sie lagen dagegen nach dem Abpfiff unten am Boden. Besiegt, erschöpft und enttäuscht.

Samstag, 19. August 2006. Ein historisches Datum. Nach 13 257 Tagen endlich wieder erstklassiger Fußball am Aachener Tivoli. Es brummte und brodelte in dieser Arena. Ein Ball-Bude von vorgestern mit der besonderen Atmosphäre. »Alemannia Hurra, wir sind wieder da«, sangen die Fans. Aber bei der Premiere gegen den FC Schalke nur bis zur 53. Minute. Als das Tor des Tages fiel.
Danach wurde es immer stiller im Tollhaus Tivoli. Auf dem Platz. Und auch auf den Rängen. Einige Zuschauer, die schon drei Stunden vor dem Spiel an den Eingangstoren gerüttelt hatten, sie gingen vorzeitig nach Hause. In der Erkenntnis: »Da unten läuft nichts mehr, das Ding ist gelaufen.«
»Wir haben uns selbst geschlagen«, ärgerte sich Trainer Dieter Hecking später über die spielentscheidende Szene. Der aufgerückte Abwehrspieler Dario Rodriguez wurde nicht wie abgesprochen übernommen, schon war es passiert. Der »Uru« köpfte ein. Anschließend schaukelten zehn Schalker das 1:0 nach Hause.
In der ersten Halbzeit sahen die Königsblauen dagegen gar nicht gut aus. Zu locker und zu lässig ließen sie sich von der Hektik anstecken. Dieser Tivoli kann ein Hexenkessel sein, eigentlich hätten das die Schalker wissen müssen. Mladen Krstajic sah nach einem Foul an Christian Fiel Rot und bedankte sich später bei seinen Kollegen: »Die haben die Sache ja noch ohne mich klar gemacht.« Sie brauchten offensichtlich diesen roten Weckruf, denn in Unterzahl trat Schalke nach der Pause ganz anders auf.
»Wir mussten zur Halbzeit schon mit zwei, drei Toren führen«, blickte Jan Schlaudraff verbittert zurück. Er selbst hatte ein ganz dickes Ding auf dem Fuß, Sascha Dum traf nur die Latte. Sicher, Pech war auch im Spiel der Alemannen, die nach 90 Minuten aber wie schon in Leverkusen Lehrgeld zahlen mussten.
»Tja, das ist eben die erste Liga. Hier werden Fehler sofort und eiskalt bestraft«, stellte Alexander Klitzpera fest. Der Ex-Armine, nun schon seit 2002 in Aachen, sah aber trotzdem positive Seiten nach dem negativen Auftakt: »Wir haben vor der Pause gezeigt, dass wir mithalten können.« Nur: Wenn sie weiter beste Chancen verpassen und anschließend in der Abwehr pennen, dann wird das nichts.
»Nie mehr Zweite Liga« sangen die Zuschauer trotzig. Ein Schalke Fan war dagegen überzeugt, dass es das erstklassige Reiseziel Aachen für ihn vorerst nicht mehr geben wird. Er verabschiedete sich so: »Alle 36 Jahre kannze hier ma hinfahrn, in diese Bruchbude.«
Zwei Spiele, zwei Niederlagen. Kein Tor. Vorletzter. Aber alles ist in Aachen ja noch nicht zusammengekracht. Sie machen sich selbst Mut, die Alemannen. Trainer Hecking gibt hier den Ton vor: »Heute haben wir bewiesen, dass wir zu Recht aufgestiegen sind. Wir hätten dieses Spiel nicht verlieren dürfen.« Außerdem: Der Auftaktplan des Neulings war nicht gerade angenehm. Erst Leverkusen, dann Schalke. Zwei hohe Hausnummern. Jetzt müssen sie nach Hannover. Die starteten noch schlechter und Kapitän Reiner Plaßhenrich stellte ironisch fest: »Bisher waren immer krasser Außenseiter, da sind wir Favorit.«

Artikel vom 21.08.2006