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Schweine fühlen sich sauwohl

Eggehof züchtet bedrohte Tierrasse -ÊHofschlachtung und Direktverkauf

Von Bernhard Hertlein
Dörenhagen (WB). Manchmal braucht der Landwirt bei allem Geschick und zu allem Fleiß auch ein wenig Schwein. »Als wir vor 19 Jahren auf Direktvermarktung umstellten, war der Erfolg keineswegs sicher«, erinnert sich Stefan Hoischen vom Eggehof in Borchen-Dörenhagen bei Paderborn.

Die Schweine, die dem Eggehof bisher Glück gebracht haben, sind ganz besondere: schwarzer Kopf, schwarzes Hinterteil, dazwischen ein rosa Rumpf: Wer so auffällig gefärbt ist, kommt aus Schwäbisch Hall. Die alte Haustierrasse war akut vom Aussterben bedroht, als sie von den Hoischens »entdeckt« wurde. Heute lebt in Dörenhagten der größte Bestand an »Schwäbisch Hällischen« nördlich von Baden-Württemberg.
Als Mitglied der »Arche-Höfe« haben sich die Paderborner dem Erhalt der alten Rasse verpflichtet. »Sauwohl« fühlen sich hier vor allem die 40 Zuchtschweine, die den ganzen Tag herumtollen, sich suhlen und natürlich fressen dürfen. Dabei entpuppen sich die Borstentiere als echte Schleckermäuler, denen in diesen Tagen kein Apfel entgeht, der auf ihrer großen Wiese von einem der Obstbäume herunterfällt.
Die Entscheidung für die Schwäbisch-Hällischen fiel aber auch aus wirtschaftlichen Gründen. Sie sind robust und das Fleisch besonders schmackhaft. Um den höheren Fettgehalt etwas zu reduzieren, werden die für die Mast bestimmten Tiere neuerdings mit einem Pietrain-Eber gekreuzt.
Der Eggehof hat sich für die Haltung der gut 350 Ferkel und Mastschweine selbst feste Regeln gegeben: Die Tiere werden auf Stroh gehalten, mit viel Platz und frischer Luft. Ein Auslauf ist vorhanden. Die Mast geschieht langsam, mit naturbelassenem Futter nach eigener Mixtur. Die Tiere haben Zeit zu wachsen -Êstatt herkömmliche sechs etwa neun Monate. Geschlachtet werden sie zwei Mal wöchentlich in Paderborn bei Westfleisch. Schon kurze Zeit später beginnt jedoch die Verarbeitung in der hofeigenen Schlachterei. Stefan Hoischen hat dafür nach der Ausbildung zum Landwirt eigens noch den Fleischer-Meisterbrief erworben. Kunden bestätigen ihm immer wieder, dass die Wurst hier noch nach Wurst schmecke und das Fleisch sich in der Pfanne nicht wie sonst manchmal durch Wasserverlust auf die Hälfte der ursprünglichen Größe reduziere.
Abgesehen vom Rindfleisch, das die Hoischens von dem befreundeten Landwirt Ulrich Meyer in Etteln zukaufen, werden ausschließlich Fleisch und Wurst aus der eigenen Produktion vermarktet. Das gilt auch für die Hähnchen, von denen eine größere Zahl zusätzlich vier Mal im Jahr großgezogen und geschlachtet wird. Dabei schwindet die Bedeutung des Hofladens als Verkaufsstätte. Dagegen steigt die Zahl der Stammkunden auf den Märkten in Paderborn (Mittwoch und Samstag), Borchen (Donnerstag) und Salzkotten (Freitag) weiter an.
Die Entscheidung für die Direktvermarktung war vor 19 Jahren noch eine Pioniertat. Der Schweinepreis war auf einem neuen Rekordtief angelangt. Viele Landwirte gaben auf -Êoder verschuldeten sich, um die niedrigen Preise durch Masse auszugleichen.
Die Hoischens entschieden sich für die Direktvermarktung. Sie verlangt große Offenheit von den Bauern. Wer als Verbraucher für sein Fleisch mehr bezahlt, will wenigstens genau wissen, warum er dies tut. Immer wieder -Êund nicht nur am jährlichen »Tag der offenen Tür« -Êtauchen Kunden auf dem Eggehof auf. Für die Beantwortung ihrer Fragen nehmen sich die Hoischens stets so viel Zeit, wie irgend möglich.
Die Hoischens -Êdas sind heute drei Generationen: Vater Johannes ist nicht nur ein engagierter Bauer, sondern auch leidenschaftlicher Imker. Ehefrau Doris, eine geprüfte Hauswirtschafterin, liebt den Verkauf auf den Wochenmärkten. Stefan ist überhaupt die Seele des Hofs. Seine Ehefrau Sabine, die im Hauptberuf bei der Agentur für Arbeit beschäftigt ist, schätzt die Abwechslung, die ihr die bäuerliche Arbeit bringt. Kräftig zulangen müssen zudem drei Vollzeitkräfte und zwei400-Euro-Hilfskräfte. Mit den gemeinsamen Kindern Johannes und Felix wächst schon die nächste Generation heran. Es ist die zehnte der Familie Hoischen auf dem Eggehof, der erstmals 1668 erwähnt wurde.
www.eggehof.de

Artikel vom 19.08.2006