Bangkok/Washington (dpa). JonBenet Ramsey glich einem kleinen blonden Engel. Bei Mini-Schönheitswettbewerben sang und tanzte die Sechsjährige auf der Bühne im rosa Kleidchen und mit Hut, neigte bereits wie ein richtiges Model neckisch den Kopf und lächelte kokett. Der 41-jährige Grundschullehrer John Mark Karr wurde in Thailand festgenommen. Fotos: dpa/Reuters
JonBenet war ein kleiner Star mit großer Zukunft. Deshalb wurde ihre brutale Ermordung am zweiten Weihnachtstag 1996 zu einem der spektakulärsten Kriminalfälle in den USA mit riesigem öffentlichen Interesse. Zehn Jahre nach der Tat scheint der Fall mit der Festnahme und dem Geständnis des 41-jährigen John Mark Karr in der thailändischen Hauptstadt Bangkok aufgeklärt. Der ehemalige Lehrer gab nach Angaben der Ermittler die Tat zu. Es war beinahe gespenstisch, wie Karr ohne große Gefühlsregung gestern in Bangkok über das Verbrechen sprach. Nach seiner Darstellung wollte er das Mädchen lediglich entführen und ein Lösegeld von 118 000 Dollar (92 000 Euro) erpressen. Dieser Plan sei aber schief gegangen. »Ich war bei JonBenet als sie starb. Ich habe JonBenet geliebt. Ihr Tod war ein Unfall«, sagte Karr. »Es tut mir Leid.« Auf die Frage, ob er unschuldig sei, antwortete er: »Nein«. Die kleine JonBenet wurde erdrosselt und mit schweren Schlagwunden am Kopf im Elternhaus in Boulder (Colorado) aufgefunden. Der mutmaßliche Täter muss sich jetzt wegen Mordes, Entführung und sexuellen Übergriffen in den USA verantworten und mit einer lebenslangen Freiheitsstrafe rechnen. Das Geständnis von Karr lüftet auch den Vorhang jahrelanger Verdächtigungen, der sich über die Ramsey-Familie gelegt hatte. Erst im Jahr 2003 stellte die Staatsanwaltschaft in Boulder die Ermittlungen gegen Patsy und John Ramsey sowie den älteren Bruder Burke ein. DNA-Spuren wiesen auf einen Außenstehenden als Täter hin. Dennoch gingen die öffentlichen Verdächtigungen weiter. Die Familie zog aus Boulder weg. Karr verfolgte das tragische Schicksal der Ramseys zuerst aus sicherer Distanz. Dann legte er Spuren, die früher oder später zu seiner Festnahme führen mussten. Zuerst suchte er den Kontakt zu einem Journalismusprofessor der Universität von Colorado. Michael Tracey veröffentlichte 2004 die Dokumentation »Wer tötete JonBenet«. Zwei Jahre lang tauschten Tracey und Karr E-Mails aus, bis der Journalist die Texte von Karr »beängstigend« fand. Tracey wandte sich deshalb an die Staatsanwaltschaft. Die Ermittler verfolgten die E-mails und fanden Karr in Bangkok. Karr hatte auch Briefe an die Mutter des Mädchens geschrieben. Die 49-jährige Patsy starb im Juni an den Folgen eines Krebsleidens. Noch am Sterbebett hatten ihr die Ermittler versichert, dass eine Festnahme bevorstehe.
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