25.08.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Klammer und Motor

Albert Pürsten prägte CDU Ostwestfalen-Lippe

Von Elmar Brok
Handfest war er, engagiert und ein mitreißender Redner: Albert Pürsten, wichtigster CDU-Mann in OWL der 60er und - vor allem - der 70er Jahre.
Bezirkschef und »Europäer« Albert Pürsten 1980 mit Nachfolger Elmar Brok.

Den Köstlichkeiten aus Küche und Keller gewann er viel Freude ab, wenn dies mit einer heftigen Tischdebatte oder aber auch mit fröhlichen Witzen und einem Gespräch über seinen geliebten Sport, insbesondere Fußball verbunden war. Der Espelkamper Fußballverein verdankt ihm viel, die Sportpolitik in NRW noch mehr. Berti Vogts gehörte zu seinen Freunden.
So erinnern sich viele an den Thüringer Albert Pürsten, der nach seiner Kriegsgefangenschaft in Frankreich über die Studienzeit in Wuppertal 1949 in der Flüchtlingssiedlung Espelkamp festmachte. Er engagierte sich in der Jugendarbeit der evangelischen Kirche, die für ihn stets ein fester Anker blieb, und trat in den Schuldienst ein. Auch zeigte er stets Gespür für Macht und zog schon 1958 in den Landtag, zu dessen prägenden Persönlichkeiten er über viele Jahre bis zum Ausscheiden nicht nur in Fragen der Bildungs- und Sportpolitik wurde, ein.
Lange Zeit drückte sich sein Einfluss als erster Stellvertreter der westfälischen CDU-Landesvorsitzenden Heinrich Windelen und Kurt Biedenkopf und des Fraktionsvorsitzenden Heinrich Köppler aus. Er war Klammer und zugleich Motor, er setzte das erfolgreiche Volksbegehren gegen die Schulpolitik der Landesregierung in einer zögerlichen CDU durch.
Das Team Köppler/Pürsten brachte die CDU 1970 und 1975 der Macht so nahe wie es bis zu Jürgen Rüttgers erfolgreichen Anlauf 30 Jahre später nicht mehr gelang. Pürsten war ministrabel, aber wegen der Zeitläufe nie Minister. Für die CDU Ostwestfalen-Lippe war er viele Jahre ein kämpferischer Vorsitzender, für die Region ein kluger und sachlicher Fürsprecher.
Wer Albert Pürsten näher kannte, weiß, dass dieser Mann seine Machtinstinkte und seine kämpferische Art für die Sache, an die er glaubte, einsetzte. Tief verwurzelt in seinen christlichen Glauben standen für ihn Werte der Freiheit, des Friedens und der Gerechtigkeit im Zentrum seines politischen Handelns. Er konnte hart in der Politik sein, verletzte aber nie die Würde seines Kontrahenten. Hinter der rauen Schale konnte der Beobachter einen sensiblen und gebildeten Mann, der sehr an seiner Verantwortung trug, entdecken.
Er hat NRW über Jahre mitgeprägt. 1980 schied er aus dem Landtag aus, um sich ganz dem 1979 eroberten Sieg im Europäischen Parlament zu widmen. Wenige Wochen später - im Juni 1980 - starb er plötzlich im Alter von nur 57 Jahren. Und dennoch, welch ein reiches Leben für die Gemeinschaft und für seine Familie, zu der Frau Marie-Luise und vier Kinder gehören.

Artikel vom 25.08.2006