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Rybarczyk wehrt sich und bringt Finke in Erklärungsnot

Paderborns Ex-Manager macht erstmals interne Gespräche öffentlich

Von Matthias Reichstein
Paderborn (WB). Vorhang auf zum nächsten Akt im Paderborner Trainer-Theater. Nach den massiven Vorwürfen von Wilfried Finke in Richtung Günther Rybarczyk schoss der ebenfalls zurückgetretene Sportliche Leiter gestern zurück, machte erstmals interne Gespräche mit dem Präsidenten des Fußball-Zweitligisten öffentlich und bringt damit den Klub-Boss in Erklärungsnot.

Seine Sicht der Dinge hatte der emotional sehr angespannt wirkende 54-Jährige »mit zittriger Schrift« auf zwei losen Blättern zusammengefasst. »Ich habe mich entschieden, lediglich zu zwei wesentlichen Punkten Herrn Finke wörtlich zu zitieren«, sagte Rybarczyk zu Beginn seines eilig einberufenen Pressegesprächs.
So habe Finke auf seinen Hinweis, dass Trainer Luhukay sehr betroffen über den Auftritt in der Spielerkabine von Delbrück sei, ganz speziell wegen der Entgleisungen den neuen Spielern gegenüber, ihm telefonisch so geantwortet: »Ich als Präsident werde mir immer das Recht rausnehmen, die Mannschaft, wann und in welcher Form auch immer, zu kritisieren.«
Was den angedachten Transfer des albanischen Nationalstürmers Hamdi Salihi anbetrifft, hat Rybarczyk, wie er es ausdrückt, »eine gänzlich andere Sicht der Realität«. Er habe Finke deutlich darauf hingewiesen, dass man so einen Transfer ohne Abstimmung mit dem Trainer nicht machen könne. Darauf habe ihm der SCP-Boss wörtlich geantwortet: »Trainer kommen und gehen. Ich als Präsident bestimme die Philosophie des Vereins. Notfalls werde ich den Spieler auch ohne Zustimmung des Trainers verpflichten. Selbst wenn er dann ein halbes Jahr auf der Tribüne sitzt.« Noch am Vortag hatte Finke betont, er hätte - mit dem Wissen, dass der Trainer gegen eine weitere Spielerverpflichtung ist - die Reise nach Tirana sofort gestoppt.
Den Finke-Vorwurf, Rybarczyk habe seit Mittwochabend von den Absichten des Trainers gewusst und sei nicht tätig geworden, weist der Ex-Manager des Klubs entschieden von sich: »Von den Rücktrittsgedanken habe ich selbst erst am Freitagmorgen erfahren. Danach habe ich in einem zweistündigen Telefonat leider vergeblich versucht, ihn noch umzustimmen.«
Auch die Kritik, er habe am Freitag Finke noch vor der Pressekonferenz alarmieren müssen, lässt Rybarczyk nicht gelten: »Ich hatte gehofft, dass Luhukay die Bekanntgabe noch eine Stunde hinauszögert. Aber ich war ganz sicher, die Entscheidung war unumstößlich gefallen.« Außerdem sei Finke von ihm immer zeitnah informiert worden.
Eine bayrische Watschen gab Rybarczyk seinem Ex-Chef auch noch mit auf dem Weg. »Nach meinem Rücktritt am Freitag bin ich von Herrn Finke persönlich beleidigt worden. Deshalb empfinde ich seine Anrede ÝDer Herr aus BayernÜ als positiv. Denn in meiner Heimat habe ich gelernt, meinen Mitmenschen mit Anstand und Respekt gegenüber zu treten.«
Die Ära Rybarczyk ist beim SC Paderborn nach insgesamt mehr als 20 Jahren beendet, eine weitere Zusammenarbeit mit Luhukay kann sich der Familienvater sehr wohl vorstellen: »Immer und zu jeder Zeit, denn wir haben unglaublich fair und korrekt zusammengearbeitet.« Die Frage, ob er den SCP befreundeten Trainern als neuen Arbeitsplatz empfehlen würde, ließ Rybarczyk offen: »Dazu möchte ich mich im Moment lieber nicht äußern.«
Um das Hermann-Löns-Stadion wird Rybarczyk in den kommenden Monaten einen großen Bogen machen, der erste Privattermin steht aber schon. Am Freitag fliegt Rybarczyk nach München. In der Allianz-Arena trifft Schwiegersohn Antonio Di Salvo mit den »Löwen« auf Kickers Offenbach.

Artikel vom 17.08.2006