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Küstenwache fordert
Gustloff-Glocke zurück

Ausstellung über Vertreibung bleibt Zankapfel


Berlin (dpa). Die polnische Küstenwache will die Glocke des versunkenen Schiffs »Wilhelm Gustloff« von der Ausstellung des Bundes der Vertriebenen (BdV) in Berlin zurück ziehen. Ein Vertreter der Küstenwache habe den Ausstellungsmachern im Gespräch mitgeteilt, dass die Glocke zurückgezogen werden müsse, sagte ein Sprecher des Bundes der Vertriebenen (BdV), gestern in Berlin. Er bestätigte damit einen Bericht des 3Sat-Magazins »Kulturzeit«.
Solange aber keine schriftliche Kündigung des Leihvertrages vorliege, werde die Glocke weiter gezeigt, sagte der BdV-Sprecher weiter. Die Dokumentationsschau »Erzwungene Wege« zeichnet bis zum 29. Oktober im Berliner Kronprinzenpalais die Vertreibungen in Europa im 20. Jahrhundert nach. Schon unmittelbar nach Ausstellungseröffnung am vergangenen Freitag hatte das Warschauer Stadtmuseum zwei Leihgaben zurückgezogen.
Hinter der Ausstellung stehe nur der Bund der Vertriebenen und seine Vorsitzende Erika Steinbach, begründete der Sprecher der Küstenwache in Gdingen (Gdynia), Tomasz Sagan, den Rückzug der Schiffsglocke. »Wir fühlen uns überrascht und getäuscht. In den Vorgesprächen wurde uns angegeben, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundestagspräsident Norbert Lammert als Schirmherren fungieren würden«, sagte Sagan dem Fernsehsender 3Sat, der gemeinsam von der ARD und dem ZDF betrieben wird. Die Glocke solle bis Ende August oder spätestens Anfang September zurück gegeben werden und danach einem polnischen Museum gestiftet werde, kündigte Sagan weiter an.
Die »Wilhelm Gustloff« war 1945 mit rund 10 000 deutschen Flüchtlingen an Bord von einem sowjetischen U-Boot in der Ostsee versenkt worden. Die Menschen wollten sich vor der anrückenden russischen Armee in Deutschland in Sicherheit bringen.
In Polen wird die Ausstellung heftig kritisiert. Aus Protest hatte der amtierende Warschauer Bürgermeister Kazimierz Marcinkiewicz in der vergangenen Woche einen Besuch in Berlin abgesagt.

Artikel vom 18.08.2006