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Hundeangriff: Behörde war gewarnt

Terrier verletzen Kind -Ê Zeuge hatte Stunden zuvor die Stadtverwaltung alarmiert

Von Christian Althoff
Minden (WB). Klinikum Minden, Unfallchirurgie. In Zimmer 120 sitzt Swetlana D. (29) am Bett ihrer Tochter Celina (6) und kämpft mit den Tränen. Der Kopf des Mädchens und die linke Hand sind verbunden, auf dem Rücken des Kindes kleben Pflaster. Die Verbände verbergen tiefe Wunden - die schweren Folgen eines Hundeangriffs.

Celina wohnt mit ihren Eltern und zwei Geschwistern in einem Mehrfamilienhaus in Petershagen. Mittwochnachmittag hatte das Mädchen mit anderen Kindern in einem Sandkasten vor dem Haus gespielt, als plötzlich zwei kläffende Terrier auftauchten und über das Mädchen herfielen. Ein Nachbar (42) hörte die Schreie des Kindes und vertrieb die Jagdhunde, ein Jugendlicher (17) trug das schwerverletzte Mädchen nach Hause. »Celinas Hose war zerrissen und ihr T-Shirt blutig. Sie wimmerte: Mama, es tut so weh!«, erinnert sich die Mutter und wischt sich eine Träne von der Wange.
Ein Notarzt brachte das Kind ins Klinikum, wo die Grundschülerin sofort operiert wurde. Ihr Vater Peter D. (37), der bei »Wago-Kontakt« in Minden arbeitet: »Wir dürfen während der Arbeitszeit nicht telefonieren. Als ich sah, dass meine Frau trotzdem immer wieder versuchte, mich auf meinem Handy zu erreichen, wusste ich, dass etwa passiert sein musste und habe das Gespäch angenommen.« Sein Chef habe ihn sofort freigestellt, damit er zu seinem Kind ins Krankenhaus eilen konnte. Dort erfuhr Peter D., dass die Hunde seine Tochter in den Hinterkopf und in den rechten Oberarm gebissen und ihr Kratzwunden auf dem Rücken und im Gesicht zugefügt hatten. »Unser Nachbar war Celinas Schutzengel. Wäre er nicht dazwischen gegangen. . .«, sagt der Vater kopfschüttelnd mit tränenerstickter Stimme.
Die Hunde, ein Jagd-Terrier und ein Heide-Terrier, gehören Ulrich K. (56), der sie in einem Zwinger neben seinem Haus hält, 100 Meter vom Spielplatz entfernt. »Als der Mann zur Arbeit war, haben sich die Jagdhunde unter dem Zwingerzaun durchgegraben«, erklärte gestern Werner Wojahn, Sprecher der Mindener Polizei. Sie ermittelt wegen gefährlicher Körperverletzung gegen den Hundehalter.
Die Attacke auf das Kind - sie hätte möglicherweise verhindert werden können. »Schon am Morgen wollten die Tiere mich angreifen«, berichtete gestern Hausmeister Bernd N. (47). Er sei dabei gewesen, den Sandkasten für Celina und die übrigen Kinder neu zu füllen, als die Terrier zähnefletschend auf ihn zugestürmt seien. »Ich habe sie mit meiner Schaufel vertrieben. Dann habe ich die Stadtverwaltung informiert, aber dort hat man mir geraten, ich solle erst einmal mit dem Hundehalter sprechen.« Vier Stunden später griffen die Tiere das Mädchen an.
Ordnungsamtsleiter Karl Molthahn sagte gestern, seine Behörde sei im vergangenen Jahr zweimal von Anwohnern darauf hingewiesen worden, dass die Terrier frei herumliefen. »Wir haben den Halter beide Male auf seine Pflichten hingewiesen, und das Kreisveterinäramt hat die Haltung überprüft. Mehr konnten wir nicht tun.« Davon, dass Hausmeister Bernd N. am Mittwoch die Stadtverwaltung informiert haben will, wisse man im Ordnungsamt nichts, sagte Molthahn. Auf seine Anweisung hin sind die Hunde im Tierheim Minden untergebracht worden. Was aus ihnen wird, steht noch nicht fest.
Unklar ist auch noch, wie lange Celina im Krankenhaus bleiben muss. »Der Arzt hat uns gesagt, dass Bisswunden schlecht heilen«, sagt die Mutter.

Artikel vom 18.08.2006