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Klassenkampf
auf Französisch

Vielfach ausgezeichneter Spielfilm

Tele5, 20.15 Uhr: Eine freche Klassenkampf-Satire war der erfolgreichste französische Film des Jahres 1988. »Das Leben ist ein langer ruhiger Fluss«, Erstlingswerk des Regisseurs Etienne Chatiliez (54), fand auch hierzulande eine begeisterte Anhängerschar.
Daniel Gélin (1921-2002) spielt den Dr. Mavial.

Die schwarzhumorige Geschichte handelt von einem untreuen Arzt, seiner enttäuschten Freundin und zwei vertauschten Kindern. Dr. Mavial (Daniel Gélin) hält seine Geliebte, die Krankenschwester Josette (Catherine Hiegel), seit vielen Jahren hin. Immer wieder muss die kränkelnde Gattin als Rechtfertigung dafür herhalten, dass er Josette nicht heiraten kann.
Einmal jedoch lässt die Enttäuschte ihrem Frust freie Bahn und vertauscht die Namensschilder zweier Babys, denen der Arzt gerade auf die Welt geholfen hat.
Zwölf Jahre später stirbt Madame Mavial, aber der Witwer denkt auch jetzt nicht daran, seine langjährige Geliebte zu ehelichen. Damit löst er Josettes Racheakt Nummer zwei aus: Sie verlässt ihn und schreibt zwei Briefe - an die beiden Familien mit den vertauschten Kindern.
So erfährt das gut situierte Ehepaar Le Quesnoy, dass eines seiner fünf Kinder, die zauberhafte kleine Bernadette, gar nicht ihr leibliches Kind ist. Umgekehrt ist Momo, der damals vertauschte Sohn, in der Proletarierfamilie Groseille aufgewachsen, in einem Milieu, in dem Armut direkt zum Taschendiebstahl führt. Aus dieser Umgebung wollen die Quesnoys Momo nun herausholen - ohne Bernadette einem solchen Dasein auszusetzen.
Vater Jean Le Quesnoy (André Wilms), Direktor der Elektrizitätswerke, regelt die Sache finanziell. Die Groseilles nehmen das Geld gern, lassen Momo gehen, kaufen sich neue Outfits und üppig zu essen und zu trinken. Momo passt sich der neuen Umgebung so schnell an, als habe er nie in armseligen Verhältnissen gelebt. Und Bernadette wird verheimlicht, woher sie eigentlich stammt.
Doch Momo hat die vergangenen Jahre nicht vergessen. Er versetzt das Familiensilber und teilt seinen neuen Wohlstand mit seiner alten Familie. Und als er seine neuen Geschwister mit zu den Groseilles nimmt, sind die ganz angetan von der unbekümmerten Lebensart der Unterschichtfamilie. Nur Bernadette ist erschüttert und enttäuscht, als sie erfährt, dass sie eigentlich von hier stammt.
In Frankreich waren Publikum und Kritik begeistert von dem Film, der mit vier Césars ausgezeichnet und für drei weitere nominiert wurde. Den Preis als beste Schauspielerin erhielt Hélène Vincent für ihre Darstellung der Mutter Le Quesnoy als Inbegriff hausfraulicher Tugenden. Regisseur Chatiliez wurde für Regiedebüt und Drehbuch ausgezeichnet.

Artikel vom 17.08.2006