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Auf der Anlage im Bielefelder Westen ist immer Betrieb. »Alles außer Fußball« sagen die BTGler immer über das vielfältige Angebot, vom beispielhaften Kindersportprogramm über breitensporthafte Fitness im Studio und Turnen für alle Altersklassen bis zu Konzepten für Hochbetagte unter dem Titel »Fit ab 75«. Mit hellwachen Augen beobachtet Schulze das Treiben auf der Anlage. Gegen den fast schwarzen Regenhimmel leuchtet das Grün des nagelneuen Hockeyrasen noch intensiver. Wenn am Sonntag die große BTG-Gemeinde mit Nachbarn, Freunden und politischer Prominenz das einzigartige Spielfeld für Hockey und Lacrosse in Betrieb nimmt, ist das vorläufiger Höhepunkt einer außergewöhnlichen Erfolgsgeschichte im heimischen Vereinssport. Und Schulze muss es wissen. Schließlich ist der ehrenamtliche Chef der Turngemeinde im Hauptberuf Geschäftsführer des Stadtsportbundes mit 228 Vereinen und 81 000 Mitgliedern. Der durchschnittliche Verein hat weniger als 50 Mitglieder, die BTG beachtliche 2600.
Schulze selbst ist seit seinem Geburtstag, dem 7. Dezember 1957, Mitglied. Dafür hat Vater Karl-Wilhelm Schulze gesorgt. Weil Junior das Licht der Welt an einem Samstag erblickt hatte, konnte man ihn im Geburtsregister nicht eintragen, wohl aber im Verein. Am Rande einer »tobenden Adventsfeier« eine leichte Übung. Vorsitzender des Vereins wollte Urgestein Schulze indes nie werden. Es kam wie es kommen musste. Im Februar 1995 hatte der »jung-dynamische« und in Verbänden und bei Organisationen gestählte Veränderer im Vereinsheim seinen großen Auftritt. Sein vorgepreschter Redebeitrag, in dem er den Abriss der Vereinskneipe zu Gunsten eines Studios mit Turngeräten angekündigt hatte, trug ihm eine »blutige Nase« und das mit 112 zu 98 knappste Wahlergebnis der Vereinsgeschichte seit 1848 ein.
Tradition wird bei der BTG gepflegt, Innovation setzt die Meilensteine. Schulze erinnert an die verschiedenen Investitionsschritte, an teils kleine Summen mit großer strategischer Bedeutung. An 5000 Mark für die Hockeykabinen, 250 000 für das besagte Fitness-Studio und 850 000 Mark für die multifunktionell ausgefüllte Baulücke auf den 14 000 Quadratmetern vereinseigenem Gelände. »Zweifler gibt es immer«, sagt Schulze rückblickend. Ein glückliches Händchen hat er. Und mit Schatzmeister Jörg Jandrey einen engen Vertrauten und strategischen Wegbegleiter, der auch die Baustelle zum Hockeyfeld und dem zweiten Rasenplatz nicht einen Tag aus den Augen verloren hat.
Im Fitness-Studio (ab 250 Aktiven wirtschaftlich) tummeln sich mehr als 650. Mit Hockey und Lacrosse steht man exklusiv, mit der Kindersportschule beispielhaft und mit der Volkstanzgruppe traditionell am gutbürgerlichen Brodhagen. Dass Hockeyabteilung und Lacrosser für ihren Ausnahmeplatz mit verdreifachten Monatsbeiträgen den Kapitaldienst bei der Bank abfangen, ist nicht nur ein strategisches Verdienst Schulzes. Es darf als Vorbild für alle Vereine und ihre Projekte stehen. Die BTG, unterstreicht Schulze, ist finanziell grundsolide. Sponsorengelder sind kein Fundament riskanter Finanzierungen, sondern willkommenes Zubrot. Da sei man, verrät der Chef augenzwinkernd, wie ein echter Westfale bodenständig: »Was wir an Geld nicht haben, können wir auch nicht ausgeben.«
Die nächste Vorreiterrolle hat Karl-Wilhelm Schulze schon in Planung. Er möchte seine Führungsgremien mitnehmen zu neuen Konzeptionen in der Vereinsstruktur: »Wir haben gelernt, unsere Sportanlage betriebswirtschaftlich zu führen. Dem müssen wir jetzt auch das personelle Organigramm anpassen.« Das erfolgreiche Modell hauptamtlicher Arbeit war für Schulze erst der Anfang.

Artikel vom 19.08.2006