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Eine Ärztin auf Schauspiel-Urlaub

Marianne Koch wird 75: Der Filmstar liebt die Medizin mehr als schöne Rollen

Von Hilmar Bahr
Tutzing (dpa). Für viele Menschen ist Marianne Koch ein Phänomen: Mit 20 Jahren geht ihr Stern als Filmschauspielerin auf, 15 Jahre später ist sie auch international an der Seite von Clint Eastwood in Sergio Leones Western »Für eine Handvoll Dollar« ein Star.

Auf dem Höhepunkt ihrer Kinokarriere kehrt sie mit 40 Jahren an die Universität zurück, beendet ihr Medizinstudium und eröffnet am Münchner Ostbahnhof eine Praxis. Heute ist Marianne Koch, die am Samstag ihren 75. Geburtstag feiert, eine viel gefragte Medizinjournalistin und Buchautorin.
»Die Schauspielkarriere war ein ungeplanter Abstecher«, sagt Marianne Koch, die für Millionen von Kinogängern das Ideal der Wirtschaftswunderjahre verkörperte: Ohne Schauspielunterricht wurde sie »über Nacht« ein Filmstar. Ob an der Seite von Curd Jürgens, Heinz Rühmann oder O.W. Fischer - immer bezauberte die dunkelhaarige Münchnerin mit ihrem gewinnenden Lächeln und natürlichen Charme. »Wahrscheinlich war ich als Schauspielerin so erfolgreich, weil ich eigentlich keine sein wollte«, sagt die in Tutzing am Starnberger See lebende Kaufmannstochter.
Auch Robert Lembkes TV-Klassiker »Was bin ich?« war ohne Marianne Kochs blitzende Augen und treffsichere Fragen kaum denkbar. Aber Film und Fernsehen waren für die ehemalige Klosterschülerin nur ein »Zufallsprodukt«. Ihre eigentliche Passion fand sie als Medizinerin. »Die für mich entscheidendste Phase begann in dem Moment, als ich von einem Tag zum anderen Schluss machte mit dem Filmen und zurückging an die Universität«, erzählt Marianne Koch. »Der Spaß, mit 40 wieder Studentin sein zu können und ein erstklassiges Staatsexamen zu machen - das war schon verdammt aufregend.«
»Meine beste Entscheidung«, meint die vielseitig Begabte und verzichtete »frohen Herzens« auf Ruhm und Erfolg in der Glitzerwelt des Films. Auch wenn sie ihre Bindungen zu den Medien als fachkundige Moderatorin nie ganz aufgab, konzentrierte sich die Mutter zweier Söhne ganz auf ihre Patienten. Ihre Begabung, komplizierte medizinische Sachverhalte verständlich zu erklären, verhalf ihr dabei zur dritten Karriere mit Bestsellern wie »Mein Gesundheitsbuch« und »Körperintelligenz«.
So verwundert es nicht, dass sich Marianne Koch nie wirklich als Schauspielerin sah, sondern als »Ärztin auf Urlaub«. Nach kleineren Rollen erzielte sie ihren Durchbruch in Helmut Käutners »Ludwig II.« und »Des Teufels General«, für den sie einen Bundesfilmpreis erhielt. Danach folgten bis 1970 etwa 70 Kinofilme, darunter »Der Stern von Afrika«, »Die Landärztin«, »Mitternachtsmörder« sowie die Western »Für eine Handvoll Dollar« und »Der letzte Ritt nach Santa Cruz«. Für ihre Moderation in der Fernseh-Talkshow »III nach Neun« wurde sie 1976 mit einem Grimme-Preis ausgezeichnet.
Doch mehr als Goldene Kamera oder Bambi zählt für Marianne Koch der Arztberuf. Seit Jahren kämpft sie an der Spitze der Deutschen Schmerzliga um mehr Verständnis für die Betroffenen, die häufig mit ihrem Dauerschmerz allein gelassen werden. Auf Anhieb ein großer Erfolg wurde ihr »Gesundheitsgespräch« im Bayerischen Rundfunk, das sie jeden Samstag im Hörfunk führt. »In kaum einem anderen Bereich besteht eine derartige Nachfrage nach kompetenter und auch für den Laien verständlicher Orientierungshilfe«.

Artikel vom 16.08.2006