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Mit Arbeit älter werden:
Finnland macht es vor

Carl-Bertelsmann-Preis würdigt Reformprogramm

Gütersloh (WB/dpa). Ein finnisches Reformprogramm gegen die Beschäftigungsmisere von Arbeitnehmern über 55 erhält den mit 150 000 Euro dotierten Carl-Bertelsmann-Preis. Mit dem Programm hat Finnland die Arbeitslosenquote der 55- bis 64-Jährigen von 20,3 Prozent im Jahr 1995 auf 6,8 Prozent gesenkt.

»Mit der Preisverleihung will die Bertelsmann Stiftung Wege zur Überwindung der dramatisch niedrigen Beschäftigung älterer Arbeitnehmer in Deutschland aufzeigen«, sagte Stiftungs-Vorstand Johannes Meier.
Entscheidend sei in Finnland die Zusammenarbeit von Regierung, Gewerkschaften und Arbeitgebern gewesen, sagte Stiftungs-Mitglied Jens Prager. Auslöser der erfolgreichen Reform sei eine schwere Wirtschaftskrise zu Beginn der 90er Jahre gewesen: »In Finnland steckte die Karre richtig im Dreck nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion.« Hinzu kam der grundlegende Strukturwandel der Wirtschaft, die sich vom Schwerpunkt der Rohstoffgewinnung und -verarbeitung abwendete und neuen Technologien öffnete.
Darauf reagierte die Regierung zwischen 1998 und 2002 mit dem Programm, mit dem sie die Arbeitsbedingungen älterer Menschen verbesserte. Ein weiterer Schwerpunkt war die Qualifizierung der älteren Beschäftigten.
Nun liege in Finnland die Erwerbsquote älterer Arbeitnehmer mit 55 Prozent gut zehn Prozentpunkte über dem europäischen Durchschnitt. Dank der Einführung eines flexiblen Rentenalters von 62 bis 68 Jahren sei das durchschnittliche Rentenalter seit 1995 um 1,2 auf 59,1 Jahre gestiegen. »Das war sehr strategisch eingefädelt«, sagte Prager.
In Deutschland sei die Arbeitslosenquote älterer Beschäftigter von 11,7 Prozent im Jahr 1995 auf 12,7 Prozent im vergangenen Jahr gestiegen, erklärte die Stiftung unter Berufung auf OECD-Daten. Laut der Studie »Standortcheck Deutschland« sind in keiner anderen führenden Industrienation so viele über 50-Jährige arbeitslos wie in Deutschland.
Die Preisverleihung ist am 14. September in Gütersloh. Die Festrede hält Bundeswirtschaftsminister Michael Glos.
www.bertelsmann-stiftung.de

Artikel vom 16.08.2006