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Karussell-Schatz hilft dem Mädchenhaus

Senner Unternehmer Bernward Schneider (42) spendet überraschenden D-Mark-Fund

Von Markus Poch (Text und Foto)
Senne (WB). Plötzlich kullerten und klingelten die Taler. Bernward Schneider traute seinen Augen kaum: »Zuerst dachte ich, es wären vielleicht zehn oder 20 Stück«, sagt der Senner Unternehmer. Die abschließende Zählung ergab jedoch einen ganz anderen Betrag: 878 D-Mark in ebenso vielen Münzen lagen da unverhofft auf einem blitzeblanken Haufen vor ihm. Jahrelang musste das Geld unbemerkt im Sockel seines nostalgischen Kinderkarussells geruht haben.

Seit 1996 betreibt Schneider von seinen Lagerhallen in Senne aus den »Attraktionsverleih Marijani«, stattet Veranstaltungen aller Art mit Spiel- und Spaßgeräten für Kinder und Erwachsene aus. Zu seinem Sortiment gehören neben Glücksrädern, »Hau-den-Lukas«-Geräten, Hüpfburgen, Popcornmaschinen und vielem mehr auch kleine, nostalgisch anmutende, münzbetriebene Kinderkarussells mit Reitpferdchen und anderen lustigen Tieren. Ein solches Karussell stand dauerhaft im Tierpark Olderdissen, sollte aber jetzt gründlich restauriert werden.
»Schnee, Matsch, Split und Kinderfüße können diese Geräte in wenigen Monaten ganz schön zurichten«, erklärt Schneider. »Deshalb habe ich die Bodenplatten abgebaut, um sie zu abzuschleifen und neu zu lackieren.« Bei dieser Arbeit stieß der 42-Jährige auf einen sonst nicht einsehbaren Hohlraum, der sich etwa einen Meter unterhalb des mechanischen Münzeinwurfs befand. Hier blinkten ihm insgesamt 878 Markstücke entgegen. »Scheinbar war der frühere Auffangbehälter zu klein oder nicht passgenau, so dass immer mal wieder eine Münze im Sockel verschwunden ist«, vermutet der Senner. Das ganze muss über einen längeren Zeitraum und wahrscheinlich bereits in den 90er Jahren passiert sein, denn als er das 1996 erbaute Karussell 2004 in München kaufte, war es seit Jahren nicht mehr in Betrieb gewesen.
Wohin also jetzt mit dem »historischen Kleingeld«, für den die Landeszentralbank in Bielefeld aktuell 448,91 Euro auszahlt? »Zuerst wollte ich damit eine Sommerparty machen, denn die Summe war in meiner Firma natürlich nicht eingeplant. Aber dann kam mir die Idee, das Geld zugunsten von Kindern zu spenden«, sagt Bernward Schneider. »Denn es ist ja Geld, das früher mal von Kindern beziehungsweise von Eltern für deren Kinder in bester Absicht bezahlt wurde.«
Inzwischen hat der Unternehmer den richtigen Adressaten für seinen Karussell-Schatz gefunden: das Bielefelder Mädchenhaus, Nordrhein-Westfalens einzigen Beratungs- und Zufluchtsort für Mädchen und junge Frauen, die geschlagen oder sexuell misshandelt wurden oder andere schwerwiegende Probleme in ihrem Elternhaus haben. »Meine Spende ist zweckgebunden«, betont Schneider. »Sie soll einem jungen Mädchen und dessen Therapiemöglichkeiten zugute kommen.«

Artikel vom 16.08.2006