16.08.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

»Taubenschlag« der Römer
beliebt als letzte Ruhestätte

Columbarium in Jöllenbeck wird durch Stelen ergänzt


Von Gerhard Hülsegge
(Text und Fotos)
Jöllenbeck (WB). Die Bestattung im Columbarium (lat. »columba«: die Taube) erfreut sich in Jöllenbeck überaus großer Beliebtheit. 17 der 24 Urnenfächer auf dem evangelischen Friedhof neben der Marienkirche sind schon belegt. »Deshalb werden wir erweitern«, erklärte Kirchmeister Hans Klöne (65) gestern gegenüber dem WESTFALEN-BLATT. Bis Mitte September sollen drei zusätzliche Stelen mit 40 weiteren Kammern auf einem Teil des noch ungenutzten Wahlgräberfeldes südöstlich des Mühlenturms von 1744 errichtet sein. Die Fundamente sind schon gelegt.
Erst im Februar hatte die Evangelisch-lutherische Kirchengemeinde Jöllenbeck die sechs Meter lange und 2,30 Meter hohe Mauer errichten lassen. Ein Novum auf Kirchengrund in Ostwestfalen-Lippe. Inzwischen gibt es eine rege Nachfrage nach den Kästen, die eine Grabpflege unnötig machen, trotzdem schön anzusehen sind und schon im 1. Jahrhundert nach Christus den alten Römern - dem Taubenschlag nachempfunden - als Grabkammern dienten.
»Die Urnenwand wird gerne von Menschen in Anspruch genommen, die keine Verwandten mehr haben«, erklärt Veronika Welland, zuständig in der Kirchengemeinde für die Friedhofsverwaltung. »Mitunter hatten wir vier Anfragen an fünf Tagen.« Indes: Vorbestellen geht nicht! Erst mit dem Tod erhält man über den Bestatter den Platz in der Wand. Allerdings wird die Grabplatte kostenlos beschriftet. Apropos Kosten: Die letzte Ruhe im Columbarium kostet 1600 Euro, ist damit etwas teurer als ein normales Reihengrab (1360 Euro). »Dafür passen aber auch zwei Urnen hinein«, so Veronika Welland. Eheleute etwa können also sparen.
Der Trend geht zur Feuerbestattung. An die Asche kommt aber auch in der Wand 25 Jahre lang, wie bei jeder Urnenbestattung, niemand. Nur der Friedhofsgärtner hat einen Schlüssel. Und wenn die Zeit abgelaufen ist? »Dann wird die Urne in würdiger Weise und an würdiger Stelle beigesetzt«, erklärt Kirchmeister Klöne. Eine Aufgabe für die nächste Generation.
Platzmangel war übrigens nicht der Grund, weshalb die Evangelische Kirchengemeinde den Jöllenbeckern das neue Bestattungsangebot unterbreitet hat, auch wenn sich schon 6000 Gräber auf dem zehn Hektar großen und 150 Jahre alten Friedhof an der Schwagerstraße befinden. Die neuen Stelen werden zwischen 1,80 und 2,30 Meter hoch und von drei Seiten mit Urnen zu bestücken sein. Die Quadrate erinnern an einen abgebrochenen Stamm. »Denn auch das Leben endet bruchweise«, erklärt Klöne, »geht nach christlichem Verständnis ja sogar weiter«.

Artikel vom 16.08.2006