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Thomas Stratos erteilt »Lizenz zum Patzen«

FCG ganz im WM-Geist - Bauer noch zu sehr eine Diva

Gütersloh/Verl (mapu). Das 2:0 des FC Gütersloh gegen Schalke 04 II ein rundum perfekter Auftakt? Nicht ganz: »Für eine Stadt mit 100 000 Einwohnern müssen hier 2500 rein«, fand Präsident Norbert Wöstmann die Kulisse von 1500 Zuschauern im Heidewald doch noch etwas spärlich.
Halten Wöstmanns sportliche FCG-Repräsentanten indes das starke Niveau von Sonntag über einen längeren Zeitraum, dürfte diese Zielmarke schon bald übertroffen sein. Dafür sorgt vor allem die attraktive Art des Auftretens, wodurch man sich irgendwie an den viel zitierten Offensivgeist bei der Fußball-WM erinnert fühlte.
Die Zeit des Mauerns scheint unter dem neuen Coach Thomas Stratos jedenfalls vorbei. Was natürlich auch Risiken mit sich bringt. So leistete sich die in der Verteidigunshaltung bombensichere Gütersloher Defensivabteilung auf dem Weg nach vorne mehrere Graupenpässe, die ihren Anhängern selbst gegen diese erbärmlichen Schalker große Schockmomente bescherten.
Besonders der technisch zweifellos starke Marcel Leenemann fiel durch seine Lässigkeiten vermehrt auf, indem er dem Gegner in gefährlicher Position direkt in die Füße passte. Trainer Stratos indes lässt daran keinerlei Kritik aufkommen. Bestandteil seiner Angriffsphilosophie sei nämlich auch das einkalkulierte Risiko zu gravierenden Fehltritten. »Gerade Marcel Leeneman, der nach vorne spektakuläre Bälle spielen kann, hat da meine volle Rückendeckung, wenn es einmal schief geht«, erteilt der Coach die »Lizenz zum Patzen«, wenngleich er grobe Schnitzer natürlich längst nicht gerne sieht.
Völlig überflüssig war gegen Schalke auch das Verhalten von Renato Bauer. Nachdem der Brasilianer ein Foul produzierte, den Ball wegkickte, sich dann auch noch frech vor den von Willi Landgraf ausgeführten Freistoß stellte und dafür Gelb sah, wiederholte der Regisseur diese Dummheit später noch einmal. Weil Bauer hier Gelb-Rot erspart blieb, konnte er noch die dickste Chance im Spiel versieben, indem er wie eine Diva extravagant umhertänzelte. Hier wären ein Paar weniger Schnörkel angebracht.
Auch der SC Verl hätte es beim 2:1-Auftaktsieg beim VfL Bochum II ruhig etwas konsequenter vorm Kasten angehen können. Dennoch zeigte sich Bochums Coach Sascha Lewandowski beeindruckt vom Ermisch-Team: »Eine absolute Spitzenmannschaft!«
FCG und SCV haben also gleich am ersten Spieltag zwei vermeintliche Titelanwärter ausgestochen, derweile die großen Preußen aus Münster am Aufsteiger aus Hamm mit 0:0 verzweifelten. Wenn das aus heimischer Sicht mal keine Hoffnung für den Saisonrest gibt.

Artikel vom 15.08.2006