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Ingo Pohlmann startet durch

Der singende Barmann aus Rheda-Wiedenbrück ist im Norden Kult

Von Jürgen Vahle
Rheda-Wiedenbrück (WB). Lange war »Pohlmann« ein Geheimtipp. Jetzt nicht mehr. Mit seinem Hit »Wenn jetzt Sommer wär« hat der gebürtige Rheda-Wiedenbrücker in den vergangenen Monaten in ganz Deutschland den Durchbruch geschafft. In den Hörercharts des Radio-Jugendsenders »Eins Live« landete das Lied sogar auf Platz eins.

Im September wird nun die zweite Single aus Pohlmanns Debüt-Album »Zwischen Heimweh und Fernsucht« veröffentlicht: »Der Junge ist verliebt«. Interessant an Pohlmanns Songs sind nicht nur die erdigen Klänge, die irgendwo zwischen Folk und Blues anzusiedeln sind. Auch die Texte treffen ins Herz. Der 34-Jährige singt von den Eigenarten der Liebe, von Widersprüchen im Leben und der Sehnsucht nach Freiheit.
Und genau darüber kann Pohlmann, der mit Vornamen Ingo heißt, eine ganze Menge erzählen. Dass es Pohlmann über zahlreiche Umwege zu einem mittlerweile recht bekannten Sänger und Songwriter gebracht hat, ist wohl nur seinem ausgeprägten »Freiheitsdrang« zuzuschreiben.
Eigentlich sollte er das Bauunternehmen seines Vaters übernehmen, absolvierte nach dem Hauptschulabschluss auch folgerichtig zunächst eine Maurerlehre. Doch »auf dem Bau« merkte Pohlmann schnell, dass das ehrbare Handwerk nichts für ihn war. Die von ihm gemauerten Wände verzierte er mit Texten und Gedichten. Dank seines schulterlangen Haares hatte er schnell den Spitznamen »Schlampe« weg: »Ich war unter Menschen, die mich nicht verstanden und die ich nicht verstehen konnte!« Wie auch, denn Pohlmanns Herz gehörte schon damals seiner Gitarre, seiner Musik, seiner ersten Band.
Nach der Lehre absolvierte Pohlmann seinen Zivildienst. Dort lernte er Gleichgesinnte kennen. Motiviert durch Freunde zog er nach der Zivi-Zeit nach Münster, um dort sein Abitur nachzumachen. Zum ersten Mal sei er dort gerne zur Schule gegangen, berichtet Pohlmann, der gerne angelt und Rollenspiele am Computer mag. Er traf eine Entscheidung, die sein Leben veränderte: »Ich gehe nach Hamburg, um dort als Musiker Fuß zu fassen!«
Gesagt, getan: Mit seinen Eltern traf er die Übereinkunft, in der Hansestadt zunächst Bauwesen zu studieren. Sollte es mit der Musikkarriere klappen, wollte er das Studium hinwerfen. Der Anfang war steinig. Seine Band »Goldjunge« bekam zwar einen Plattenvertrag, der Durchbruch gelang aber nicht. Um das Studium kümmerte sich Pohlmann - wie nicht anders zu erwarten war - wenig. Er jobbte als Call-Center-Agent, als Kellner und als DJ. An lahmen Montagabenden griff der Rheda-Wiedenbrücker bei seinem Arbeitgeber, der Disco »BP1« schon mal selbst zur Gitarre und sang seine gefühlvollen Songs. Bald war der singende Barmann in Hamburg Kult. Plötzlich war die Disco auch Montags rappelvoll. Der Rheda-Wiedenbrücker schien auf dem richtigen Weg.
Doch dann löste sich seine Band auf und Pohlmann ging wieder zum Bau. Er pendelte zwischen Ostwestfalen und Hamburg, zwischen dem Leben als Maurer und dem des singenden Barmanns.
Das Doppelleben endete als Henning Wehland von den »H-Blockx« von Pohlmann hörte, mit ihm in Münster ein Paar Gläser Rotwein trank und ihm nach ein paar unplugged gespielten Pohlmann-Songs anbot, ein Demo aufzunehmen. Die Lieder auf dem Demo überzeugten schließlich auch die Plattenbosse. Das Debüt-Album »Zwischen Heimweh und Fernsucht« entstand, Pohlmann bekam einen Vertrag bei »Virgin Music«.
Zwar hat es die erste Single-Auskopplung »Wenn jetzt Sommer wär« nicht ganz zum Sommerhit dieses Jahres gebracht. Die Fußball-WM, die Sportfreunden Stiller und »54, 74, 90, 2006 (2010)« hatten die Nase vorn. Aber der nächste Sommer kommt bestimmt.

Artikel vom 28.08.2006