25.08.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Zurück in die Zeit
ohne die Pforte

Dietmar Lehmann lässt es leuchten

Von Hartmut Horstmann
Porta Westfalica (WB). In blauen Farben leuchten Fernsehturm und Kaiser-Wilhelm-Denkmal an der Porta Westfalica. Am Wochenende erreicht die Illumination mit einer optischen Schließung der »Westfälischen Pforte« ihren finalen Höhepunkt.
Eine neue Aktion: Künstler Dietmar Lehmann.

Doch der Künstler Dietmar Lehmann, der für die viel beachtete Aktion verantwortlich ist, will den Blick mit seinem nächsten Projekt in die Tiefe richten: auf die alten Nazistollen an der Porta Westfalica. Die Stollen, die für die unterirdische Rüstungsproduktion vorgesehen waren, sind nicht mehr begehbar. In der Endphase des Krieges waren sie ausgebaut worden, um militärische Industrie-Anlagen vor den Bomben der Alliierten zu schützen. So wurden in einem Stollen an der Porta »kriegswichtige Radioröhren« für die holländische Firma Philips hergestellt.
Enorm sind die geschaffenen Hohlraum-Dimensionen. 15 000 Quadratmeter unterirdischer Produktionsfläche sollen allein im Jakobsberg entstanden sein. Für den Ausbau der Stollen zu Produktionshallen wurden KZ-Häftlinge des Lagers Neuengamme herangezogen. 1500 waren in Barkhausen (eines von drei Außenlagern) inhaftiert - täglich mussten sie, beobachtet von vielen Einheimischen, über die Weserbrücke zu den Stollen an der Porta gehen.
Längst sind deren Eingänge auch auf Grund von Sicherheitsbedenken geschlossen worden. Betonplatten verwehren den Einstieg ins Berginnere gegenüber dem Portaner Bahnhof. Diese Platten will Dietmar Lehmann entfernen lassen: »Stahlkonstruktionen mit Glas sollen es möglich machen, in die mittlerweile leeren Stollen zu schauen.« Diese werden ausgeleuchtet, allerdings soll es nicht möglich sein, in sie einzusteigen.
Für den Künstler ist es ein Blick in den Abgrund, in die dunkelsten Seiten der Geschichte, die auch mit dem Wahrzeichen »Westfälische Pforte« verbunden ist. Doch auch damit müsse eine Stadt umgehen, sagt er - und hat schon eine gewisse Erfahrung in puncto Vergangenheitsaufarbeitung gesammelt. So schuf Lehmann ein Mahnmal in der Nähe der Porta, das an die Opfer des Konzentrationslagers erinnert.
Im Augenblick ist er damit beschäftigt, einen Entwurf auszuarbeiten. Sicherheitsaspekte müssten geklärt werden, danach werde er seine Pläne der Politik vorstellen. Die Verantwortlichen können laut Lehmann nur gewinnen, wenn sie die Souveränität entwickeln, sich der eigenen Geschichte zu stellen.
Am morgigen Samstag indes richtet die Region den Blick erst einmal nach oben. Von 22 Uhr an werden gigantische Laserstrahlen »den Gebirgsdurchbruch an der Porta mit Energie aufladen«. Der Künstler spricht von Laserfächern, in die ein Feuerwerk geschossen wird. Eine halbe Stunde wird das Spektakel dauern, das Lehmann ausdrücklich nicht als Kunst im engeren Sinne verstanden wissen will. Im Mittelpunkt stehe die »einzigartige Landschaftssituation der Porta Westfalica«, sagt er: »Meine Idee ist es, diese Lücke zwischen Weser- und Wiehengebirge zu schließen.« Für Sekunden soll der Durchbruch mittels des Feuerwerks aufgehoben werden - zurück in die pfortenfreie Vorzeit.
Bereits am Nachmittag beginnen die Veranstalter mit einem Rahmenprogramm. Wegen der Illumination kommt es im Bereich Porta Westfalica-Barkhausen am Abend zu Straßensperrungen. Allerdings wird der Weserauentunnel befahrbar bleiben.

Artikel vom 25.08.2006