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Prüfer: »Trainer steht
immer in der Schuld«

Dornberger Auswechslungen erzeugen Riss im Spiel

Von Jörg Manthey
Bielefeld (WB). Die Leiden des Jürgen P.: Hilflos musste Dornbergs Trainer von außen zusehen, wie eine komfortable 4:1-Führung dem Fußball seines Teams überhaupt nicht gut tat. »Ich habe die Probleme erkannt, aber wir haben sie nicht korrigiert bekommen. Wir sind hinten zusammengebrochen«, sah Prüfer, dem auch am Tag danach der Weltschmerz deutlich anzumerken war, einen »Selbstläufer, der nicht mehr aufzuhalten war«.

Als Urheber für den 4:5-Auftaktfehlschlag bezeichnete er nicht zuletzt - sich selbst. »Der Trainer steht immer in der Schuld. Jede Entscheidung, die ich ab der 63. Minute getroffen habe, war falsch«. Himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt: Jürgen Prüfer durchlitt im zweiten Durchgang die gesamte Gefühlsklaviatur des Trainerdaseins. Sein Theesener Kollege fühlte irgendwie mit. »So einen Spielverlauf gönnt man seinem ärgsten Feind nicht. Ich glaube, hätte man beide Trainer vor den Elfmetern gefragt - sie wären mit dem 4:4 zufrieden gewesen«, sagte Andreas Brandwein.
»Hätte Hasic seinen Elfmeter zum 5:4 verwandelt; ich hätte es als Belohnung für das Dornberger Spiel und als Unglück für uns gewertet«, so der VfL-Coach, der nach diesem Resultat »mehr nach oben als nach unten« schaut. »So wie dieses Spiel gelaufen ist, macht es uns stark«.
Noch in der Pause unkte Theesens Teammanager Heinz-Werner Stork: »Der Simov versteht es, das Tempo im Mittelfeld zu verschleppen. Wir haben Probleme mit dem Umschalten. Aber wir müssen das Tempo hoch halten, wenn wir eine Chance haben wollen«.
Als der TuS Dornberg nach den Auswechslungen seiner »drei besten Leute« (Teammanager Hans-Werner Freese) den spielerischen Akzenten eines Tony Boada sowie den kämpferischen Qualitäten Marke Fastellini und Simov - starke Vorstellung nach einem halben Jahr Pause - beraubt war, fehlten erfahrene Kräfte, »die die anderen auf dem Platz mitgerissen haben«, so Freese. »Nach den Auswechslungen haben wir nicht mehr den Fußball gespielt, der uns davor ausgezeichnet hatte«.
Zumindest Martin Simov und Mauro Fastellini seien »K.o.« gewesen, erklärte Prüfer. Die neuen Statisten führten sich unglücklich ein. Wiens' Aufgabe sollte konkret darin bestehen, die Kreise von Milaim Bobaj einzuengen (Prüfer: »Die hat er nicht erfüllt«). Saka verschuldete den entscheidenden Elfmeter. Der VfL Theesen entpuppte sich am Sonntagabend als clever genug, die Schwächen des Gegners schamlos auszunutzen.
»Ich habe immer an die Mannschaft geglaubt und zumindest auf Ergebniskosmetik gehofft«, meinte Andreas Brandwein stolz. Guten Fußball habe sein Team wohl nicht geboten. »Dafür waren wir aber körperlich fitter und mit mehr Herz bei der Sache«. Er empfand alle drei Elfmeter als »vertretbar«.
Jürgen Prüfer guckt trotz allem optimistisch nach vorn. »In der abgelaufenen Saison haben wir oft genug zwei Gesichter gezeigt. Diesmal haben wir die in einem Spiel abgerufen«. Dennoch dürften alle Zuschauer gesehen haben, »was wir drauf haben. Wir müssen uns an den ersten Minuten orientieren. Wir haben eine exzellente taktische Ordnung gehabt. Da hat alles funktioniert. Wenn es eines Ereignisses bedurfte, um für das kommende Wochenende die notwendige Aggessivität und Entschlossenheit zu erzeugen, dann solch eine Partie.«
Willi Capsa, in der Vorsaison noch ein Dornberger, lächelte hinterher: »Der Fußball schreibt verrückte Geschichten. Nach dem 1:4 habe ich an einen solchen Ausgang nie gedacht. Aber jetzt stehe ich auf der roten Seite, und deshalb freue ich mich«.
Der von jedermann geherzte Thies Kambach, der es inzwischen in drei Landesligapartien schon auf sechs Treffer gegen seinen früheren Klub gebracht hat, stammelte ergriffen: »Das ist schöner als die Meisterschaft. So etwas wie heute habe ich noch nie erlebt, und so etwas will ich auch nie wieder erleben«. Apropos Kambach: Für Hans-Werner Freese ist er »d e r Stürmer der Landesliga. So einen Mann kannst du nicht 90 Minuten ausschalten. Dass Thies gegen uns trifft, daran habe ich mich inzwischen gewöhnt«.
Ein Jubelschrei dürfte auch irgendwo auf Norderney ertönt sein. Per SMS hielt Teammanager Heinz-Werner Stork den Theesener Urlauber Daniel Pohl nahezu live auf dem Laufenden.

Artikel vom 15.08.2006