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Geschmückt wie einst die Sachsen

Jöllenbeckerin Nina Schnittger fertigt filigranen frühmittelalterlichen Schmuck

Von Matthias Band (Text und Fotos)
Jöllenbeck/Spenge (WB). Ihre Hände sind klein und zierlich, ihre Finger filigran. Geschickt dreht sie die schwere Kittkugel ein wenig nach rechts. So verändert sie den Neigungswinkel. »Die Kugel ist meine dritte Hand. Sie hält die Gegenstände fest«, erklärt Nina Schnittger. Mit der Anreißnadel zieht die 28-Jährige kleine Furchen in die Metallstücke. Dann greift sie zum Ziselierhammer und zum Stichel.

Nina Schnittger ist Hobby-Goldschmiedin. Seit drei Jahren beschäftigt sich die gebürtige Jöllenbeckerin, die seit ihrem neunten Lebensjahr in Spenge aufgewachsen ist, intensiv mit frühmittelalterlicher Kunst. Über Umwege entdeckte die Düsseldorfer Kunst und Biologiestudentin ihr Faible für das Mittelalter.
Eigentlich wollte sie in der Universität Bielefeld eine Kampfsportgruppe besuchen. Doch nebenan fand ein mittelalterliches Rollenspiel statt - ihr erster Kontakt mit der unzulässigerweise oft als »dunkel« bezeichneten Epoche. »Beim ersten Mittelalter-Markt hat es mich dann gepackt«, erinnert sie sich. Von Rollenspielen ist die Kunst- und Biologiestudentin mittlerweile nicht mehr fasziniert. Dafür hat sie ihre Leidenschaft für mittelalterliche Kleidung, Alltagskultur und Schmuck wie tauschierte Kreuze oder Heiligenfibeln entdeckt.
»Handwerkliches Geschick hatte ich schon immer«, sagt Nina Schnittger. Auch durch die Mutter, die in Spenge als Näherin arbeitet. Als kleines Mädchen erzählte ihre Oma ihr von den Legenden um Widukind und Karl dem Großen.
Das historische Wissen schlummerte schon lange in ihr. Es musste nur wieder hervor geholt werden. Inzwischen ist sie nicht nur eine Fachfrau für mittelalterliche Schmiedekunst, sondern schon fast eine Expertin auf dem Gebiet der Karolinger- und Ottonenzeit.
Die Formsprache des Schmucks, die Einfachheit der Kleider, die Buchmalerei, die Alltagskultur sei es, was sie so am Frühmittelalter fasziniere. Nina Schnittger gerät ins Schwärmen für eine längst vergangene Zeit. Die durch ihre Arbeit jedoch ein Stück weit wieder lebendig wird - Geschichte zum Anfassen.
Die Schmiedekunst erfordert viel Geschick und Geduld. Auf die in der Kittkugel fixierten Schmuckstücke wird mit einer speziellen Technik ein hauchdünner Draht eingekeilt, der anschließend plangeschliffen wird. Danach werden die Metallstücke mit Hilfe eines Gasbrenners erhitzt, so dass sie sich verfärben. »Meine Werkstatt ist meine Küche«, sagt die Hobby-Goldschmiedin.
Am 20. August, wenn das renovierte Widukind-Museum seine Pforten öffnet, wird Nina Schnittger sächsiches Leben im Frühmittelalter zeigen. Dabei werden verschiedene Arbeitstechniken zur Herstellung von Schmuck, Kleidung und Alltagsgegenständen vorgestellt.
Weitere Informationen zu Nina Schnittgers Arbeiten finden sich unter im Internet:
www.sindris-werkstatt.de

Artikel vom 15.08.2006