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Der Wunsch nach Kindern

Idealfamilie:
ein Baby um
jeden Preis?


Von Larissa Kölling
Manchmal warten Mama und Papa in spe über Jahre vergeblich auf den Besuch des Klapperstorchs. Trotz intensiver Bemühungen will sich der Erfolg und damit der sehnlichst erwartete Nachwuchs nicht einstellen. Als letzte Chance bleibt eine reproduktionsmedizinische Behandlung. Chancen, aber auch Risiken bergen diese kosten- und motivationsintensiven Methoden zugleich.
Auf die Erfindung der Antibabypille, die den Paaren in den 70er Jahren Sex ohne Fortpflanzung verschaffte, ist kurze Zeit später die Fortpflanzung ohne Sex im Labor gefolgt. US-amerikanische Samen- und Eizellbanken listen im Internet ausführliche Porträts ihrer Spender und Spenderinnen auf. Die Sperma- und Eizellkäuferin erfährt, ob die Haut der Spenderin oder des Spenders Leberflecken oder Sommersprossen hat, wie die Beschaffenheit der Haare ist, wie es um die Konfession sowie Karrierechancen bestellt ist und welche Hobbys ausgeübt werden. Ein IQ-Test ist ebenso erhältlich wie die anonymisierte Familienvita. Die Samenspende gibt es bereits unter 500 Dollar.
Für einen Aufpreis von einigen Dollar besteht sogar die Möglichkeit, das Geschlecht des Wunschkindes zu wählen. Eine Anleitung zur Selbstbefruchtung liegt bei. Der Weg zum »perfekten Kind« ist geebnet. Dank der modernen Reproduktionstechnologie hat der Mensch mittlerweile Zugang zu Zellen der Keimbahn, also zum Erbgut des Menschen. Um in diesem extrem sensiblen Bereich Missbrauch zu verhindern, wurde in Deutschland 1991 das Embryonenschutzgesetz verabschiedet, das, teilweise strenger als im westlichen Ausland, reproduktionsmedizinische Maßnahmen einer strikten Regelung unterwirft.
In Deutschland ist das Baby aus dem Katalog noch Zukunftsmusik. Unter Freiheitsstrafe gestellt sind zum Beispiel eine Leihmutterschaft, das Klonen von Embryonen, die Eizellenspende oder die gezielte Festlegung des Geschlechts des künftigen Kindes.
Sind solche Methoden erwünscht, führt der Weg die zukünftigen Eltern vielfach nach Übersee, aber auch in unseren Nachbarländern ist oft schon einiges mehr möglich - das alles lässt Kinder zur Handelsware werden. Ein Kind um jeden Preis? Paare versuchen vieles, um sich ihren Wunsch von einer eigenen Familie zu erfüllen. Doch zahlreiche Versuche scheitern und lassen enttäuschte Menschen zurück. Als neue Perspektive bleibt der Alltag ohne Kinderwunsch und ohne Kind oder vielleicht ein neuer Plan. Adoption und Pflegschaft kommen dem Idealbild sicher ein gutes Stück näher.

Artikel vom 18.08.2006