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»Nicht den kurzlebigen
Trends hinterherlaufen«

Oberbürgermeister Eberhard David: Solide wirtschaften

Von Michael Schläger
und Manfred Matheisen
Bielefeld (WB). Im Herbst 2004 hat Oberbürgermeister Eberhard David (64) seine zweite Amtsperiode als Rathauschef angetreten. Zu Beginn der politischen »Herbstsaison« zieht er im Gespräch mit dem WESTFALEN-BLATT eine Zwischenbilanz seiner Arbeit und nennt Schwerpunkte für die verbleibenden drei Jahre.

Seit 1999 ist David hauptamtlicher Oberbürgermeister in Bielefeld. Und in diesen sieben Jahren glaubt er, seine Rolle gefunden zu haben. Er sieht sich als erster Manager der Stadt, sagt ganz offen, dass er sich mittlerweile eher dem Verwaltungsdenken verpflichtet fühlt als politischen Ränkespielen, lieber an der Sache arbeitet als kurzlebigen Trends hinterherzulaufen.
Mit dem Vorwurf, sich zu wenig ins Rampenlicht zu stellen, geht er inzwischen gelassen um. »Ich weiß, dass manche meiner Amtskollegen das besser können«, sagt David. »Aber sagen Sie mir eine Großstadt in Nordrhein-Westfalen, die es wie wir in vier Jahren geschafft hat, wieder aus dem Nothaushaltsrecht herauszukommen.«
Das sind die Erfolge, die für David zählen. Am Ende seiner zehn Jahre im Chefzimmer des Alten Rathauses am Niederwall soll man ihm nachsagen, dass er solide gewirtschaftet hat. Dass es ihm gelungen ist, die Stadt sicher durch eine der schwierigsten Finanzkrisen der Nachkriegszeit geführt zu haben. Und dass dabei die Infrastruktur der Stadt nicht zerstört wurde.
Er ist stolz auf das Schulbausanierungsprogramm: »Mehr als die Hälfte der Schulen haben wir jetzt geschafft.« Er will auch neue Projekte angehen. Die Betreuung der unter Dreijährigen, die Neuausrichtung von Arbeitplus, der gemeinsamen Gesellschaft von Arbeitsagentur und Stadt zur Betreuung der Arbeitslosengeld-II-Empfänger. Er weiß, dass das eher Schwarzbrot-Aufgaben sind, die wenig Glanz versprechen.
Ostwestfälisch-solide will David sein, ist aber andererseits auch bereit, neue Wege zu gehen. »Dass wir die Theatersanierung über eine Stiftungslösung hinbekommen haben, darum beneiden uns heute manche Städte.« Das Vorhaben sei wirklich gelungen, meint der OB. Es sei richtig gewesen, keine historisierende Lösung zu suchen, sondern eine, bei dem ein modernes Theater hinter einer alten Fassade entstanden sei. Ein dickes Lob hat er für die Macher, Günter Tiemann aus der Verwaltung und Hagen Reuning von der Sparkasse.
David hofft, dass bei den großen Parteien im Rat »die Vernunft die Oberhand behält«, die Haushaltspolitik weiterhin gemeinsam betrieben wird. Etwas anderes lassen die gegenwärtigen Mehrheitsverhältnisse kaum zu. Jetzt sollen alle freiwilligen Leistungen der Stadt noch einmal auf den Prüfstand. »Aber nicht um sie alle zu zerschlagen«, sagt der Oberbürgermeister, »sondern um sie neu auszurichten und doch Geld zu sparen.« So etwas kriegt man nur hin, wenn breite Übereinstimmung herrscht. Und gelingt es, wäre er dem selbstgesteckten Ziel wieder ein Stück näher.
Doch eines sagt er ganz deutlich: »2009 ist für mich definitiv Schluss.« Eine neuerliche Reform der Gemeindeordnung würde es ihm bis dahin vielleicht sogar noch einmal erlauben, erneut anzutreten. Aber da winkt er ab.
Sein Nachfolger, davon ist er überzeugt, müsse einer neuen Politikergeneration angehören. David selbst sieht sich als Vertreter einer Übergangsphase. Von 1989 bis 1994 war er ehrenamtlicher OB, seit 1999 ist er Hauptamtlicher. »Ich habe nie so viele Neues lernen müssen wie in den vergangenen sieben Jahren«, sagt er. Dabei habe er immerhin auf eine seit 1969 währende kommunalpolitische Laufbahn zurückblicken können.
Die künftige Oberbürgermeister-Generation in NRW müsse nicht nur politisches Geschick und Marketingtalent beweisen, sie müsse auch schon vor der Amtsübernahme gezeigt haben, einen Großbetrieb wie eine Stadtverwaltung führen zu können.

Artikel vom 15.08.2006